Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie umstritten
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Medienberichten zufolge streiten das (SPD-geführte) Bundesjustizministerium und das (CDU-geführte) Bundeswirtschaftsministerium heftig um den künftigen Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowern). Hintergrund: 2019 hat die Europäische Union nach zähen Verhandlungen die Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, verabschiedet. Die Richtlinie muss bis zum 26.11.2021 in nationales Recht umgesetzt werden (dazu hier im BeckBlog). Wie schon der Name der Richtlinie besagt, beansprucht sie Geltung nur für diejenigen Fälle, in denen Verstöße gegen das Unionsrecht gemeldet werden - für Verstöße gegen nationales Recht fehlte der EU schlicht die Rechtsetzungskompetenz. Aber welcher Arbeitnehmer, der ein Fehlverhalten eines Kollegen, Vorgesetzten oder gar der Unternehmensleitung beispielsweise im Bereich Geldwäsche, Produktsicherheit oder Umweltschutz aufdeckt, weiß schon sicher, ob dieses Verhalten (nur) gegen autonomes nationales Recht verstößt oder ob (auch) ein Verstoß gegen Unionsrecht (Primärrecht, Verordnungen, Richtlinien) vorliegt? Die Union hatte daher bei der Verabschiedung der Richtlinie wohl die Erwartung, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie überschießend umsetzen und in ihren nationalen Gesetzen Hinweisgeber unabhängig davon schützen, ob sie Verstöße gegen Unionsrecht oder gegen rein nationales Recht melden (siehe Erwägungsgrund 5 der Richtlinie).
Genau dieser Erwartungshaltung möchte das BMJV nun entsprechen, während das BMWi auf eine "1:1"-Umsetzung der Richtlinie pocht. Im BMJV-Entwurf heißt es unter "2. Sachlicher Anwendungsbereich": Die neuen gesetzlichen Regelungen sollten "nicht auf eine 1:1-Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben beschränkt werden". Das BMWi will das Wort "nicht" streichen.