Es gibt keinen Deutschen Rat! – Eine Anmerkung zum „Corona-Beschluss“ des Bundes und der Länder vom 15. April 2020
Gespeichert von Dr. iur. Fiete Kalscheuer am
„Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder fassen folgenden Beschluss:" - So beginnt die offizielle Mitteilung zur „Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 15. April 2020“. Nach einer längeren Einleitung werden im Beschluss sodann die einzelnen Vereinbarungen ausgeführt. Die zweite Vereinbarung lautet dabei z.B. wie folgt:
Die wichtigste Maßnahme auch in der kommenden Zeit bleibt es, Abstand zu halten. Deshalb bleibt es weiter entscheidend, dass Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten und sich dort nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes aufhalten. Dies gilt weiterhin verbindlich und Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden entsprechend von den Ordnungsbehörden sanktioniert
Nicht nur ich werde beim Lesen dieses Beschlusses samt seiner Vereinbarungen kribbelig: Wo gibt es im Grundgesetz eine Kompetenz dafür, derartige Vereinbarungen zwischen den Exekutiven des Bundes und der Länder zu treffen? Liegt hier nicht bereits ein Fall der unzulässigen Mischverwaltung zwischen dem Bund und den Ländern vor? Kirchhof führt hierzu unter Rn. 89 zu Art. 83 GG im Maunz/Dürig-GG-Kommentar aus, dass „eine verfassungskritische Grenze“ dann erreicht werde, „wenn Bund und Länder organisatorisch miteinander verbunden werden oder der Bund Ingerenzrechte bei der Aufgabenerfüllung der Landesverwaltung erhält, weil dann die föderale Trennung von Bund und Ländern aufgegeben wird.“ Wurde hier diese verfassungskritische Grenze bereits erreicht? – Ich weiß es nicht. Es wird jedenfalls spannend zu beobachten sein, ob diese verfassungsrechtlich nicht vorgesehene Zusammenarbeit für die Gesamtzeit der Coronakrise bestehen bleibt. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht die Europäische Union, die in Art. 15 EUV folgende Regelung vorsieht:
Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. (…) Der Europäische Rat setzt sich zusammen aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Präsidenten der Kommission.
Anders ausgedrückt: Es gibt zwar einen Europäischen, aber keinen Deutschen Rat!