Ist der Spruch „Hass ist keine Meinung“ zutreffend?
Gespeichert von Dr. iur. Fiete Kalscheuer am
Hass hat keinen guten Ruf. Ich weiß nicht, wann es begann und wer damit anfing, irgendwann aber erlangte der Spruch „Hass ist keine Meinung“ allgemeine Bekanntheit. Von Renate Künast erschien im Jahre 2017 sogar ein Buch mit diesem Titel. Der Spruch ist zutreffend und gefährlich zugleich.
Zutreffend ist er deshalb, weil Hass tatsächlich keine Meinung ist. Hass ist nicht von einem Dafürhalten, nicht von Elementen der Stellungnahme geprägt. Hass ist ein Gefühl. Dieses Gefühl jedoch kann einer Meinung vorgelagert sein. Es kann Anlass dafür sein, eine bestimmte Meinung zu einer Person oder einem Thema zu haben; Anlass dafür sein, etwas abzulehnen oder zu befürworten.
Gefährlich wird der Satz, wenn er dazu dienen soll, auf Hass beruhende Meinungen vollständig abzuwerten und aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit auszuschließen. Die Gefahr zeigt sich bereits vor dem Hintergrund der schönsten deutschsprachigen Kolumne der letzten Jahrzehnte. Sie heißt „100 Zeilen Hass“ und wurde von Maxim Biller geschrieben, - von 1987 bis 1996 für das Magazin TEMPO und sodann bis 1999 für das „ZEIT-Magazin“. Die Kolumne Billers zeigt: Hass kann produktiv sein, zur Kreativität anstacheln. Es wäre fatal, jegliche auf Hass beruhende Meinungen ausschließen zu wollen.
Entgegen dem Eindruck, der durch den Spruch „Hass ist keine Meinung“ entsteht, ist nicht der Hass selbst das Problem, sondern der Umgang mit ihm.