We call it a Klassiker: Betriebliche Übung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Seit fast 100 Jahren ist die "betriebliche Übung" als arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage anerkannt. Der Begriff findet sich erstmals in einem Urteil aus dem Jahre 1940 (RAG vom 26.11.1940, ARS 41, 99), das Rechtsinstitut selbst aber schon früher (etwa RAG vom 15.6.1929, ARS 6, 203). Die dogmatische Begründung ist unsicher. Teile der Literatur bevorzugen die sog. Vertrauenstheorie, das BAG die Vertragstheorie. Die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen durch den Arbeitgeber kann danach von den Arbeitnehmern als Willenserklärung des Inhalts aufgefasst werden, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Dieses Vertragsangebot könne stillschweigend angenommen werden, § 151 BGB. Erklärungswert kommt dem Handeln des Arbeitgebers freilich nur zu, wenn er - aus Sicht eines objektiven Empfängers - nicht lediglich eine aus anderen Gründen bestehende Rechtspflicht erfüllt. Dies darzulegen ist Sache des Arbeitnehmers, der damit die anspruchsbegründenden Tatsachen ausfüllen muss:
Dabei trägt nicht der Arbeitgeber die Darlegungslast dafür, dass er für den Arbeitnehmer erkennbar irrtümlich glaubte, die betreffenden Leistungen in Erfüllung tarifvertraglicher oder sonstiger Pflichten erbringen zu müssen. Vielmehr ist es Sache der klagenden Partei, die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen. Dazu gehört im Falle der betrieblichen Übung auch die Darlegung, dass das Verhalten des Arbeitgebers aus Sicht des Empfängers ausreichende Anhaltspunkte dafür bot, der Arbeitgeber wolle Zahlungen erbringen, ohne hierzu bereits aus anderen Gründen – etwa aufgrund eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung – verpflichtet zu sein.
BAG, Urt. vom 19.2.2020 - 5 AZR 189/18, NJW 2020, 1900