EuGH - Vorratsdatenspeicherung, neue Urteile auch mit Auswirkungen auf die DS-GVO (Rs. C-623/17 u.a.)
Gespeichert von Dr. Axel Spies am
Das Thema hatten wir schon mehrfach im Blog - u.a. hier. Der EuGH hat hierzu heute zwei neue Urteile verkündet (hier). Es ging um GB, Belgien und Frankreich. Ein Deutschland betreffendes Verfahren ist noch anhängig. Zu den Thema gibt es schon EuGH-Urteile - vgl. Tele2 Sverige u.a. (C-203/15 and C-698/15)
Die neuen Urteile beschäftigten sich mit der Vorratsdatenspeicherung durch TK-Unternehmen und inwiefern staatliche Stellen diese Daten zur Strafverfolgung verwenden dürfen. Bislang gab es bereits nationale und europäische Verfahren, die sich mit der Vorratsdatenspeicherung auseinandergesetzt haben. Die Vorratsdatenspeicherung wurde anfangs auf EU-Ebene in der Richtlinie 2006/24/EG verankert. Die deutsche Umsetzung dieser Richtlinie wurde vom BVerfG später für verfassungswidrig erklärt (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08). Auch die europäische Richtlinie wurde anschließend vom EuGH selbst für rechtswidrig erklärt (verb. RS C‑293/12 und C‑594/12).
Der EuGH stellte zunächst fest, dass nationale Regelungen, die es staatlichen Behörden gestattet Datenübermittlung von Telekommunikationsanbietern zur Sicherstellung bspw. der nationalen Sicherheit zu verlangen, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/58/EG (ePrivacy-RL) fallen. Nach ePrivacy-RL haben die Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel das Recht, dass ihre Kommunikation vertraulich behandelt wird. Allerdings sieht deren Art. 15 auch Ausnahmen für die Mitgliedstaaten vor, die die Rechte der Betroffenen aus der Richtlinie 2002/58/EG beschränken können. Diese Ausnahmen müssen aber im Lichte der Grundrechte der betroffenen Personen, insbesondere den Schutz der Privatsphäre (Art. 7 GrCh) und dem Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GrCh), betrachtet werden. Für unrechtmößig erlangte Daten gibt es ein Verwertugnsverbot (bekannt auch als fruit of the poisonous tree).
Wie bereits in dem besagten Art. 15 I RL ausgeführt, müssen nationale Beschränkungen daher „notwendig, angemessen und verhältnismäßig“ sein.
Fazit: Der EuGH erteilt der Vorratsdatenspeicherung in seinem Urteil keine endgültige Absage. Vielmehr erteilt er Vorgaben zu ihrer Ausgestaltung. Aus der Argumentation des Gerichts lässt sich aber schließen, dass für eine solche Vorratsdatenspeicherung die Grenzen hoch anzusetzen sind. Das ist durchaus spannend für die Angemessenheitsprüfung nach Art. 45 DS-GVO, insbesondere was den Investigatory Powers Act in GB betrifft.
Was meinen Sie, welche Auswirkungen werden die Urteile auf BREXIT und auf die deutschen Gesetze zur TK-Datenspeicherung haben?