Gastbeitrag Dr. Frank Bokelmann: OVG Münster zu “Call a Bike“-Mietfahrrädern
Gespeichert von Carsten Krumm am
Einmal wieder eine Leserzuschrift, die ich als Gastbeitrag veröffentlichen möchte.
Am Freitag hat das OVG Münster einen überraschenden Beschluss in einem Eilverfahren zum Thema Sondernutzung vermeldet.
Hier die Pressemitteilung des OVG vom 20. November 2020:
"Mietfahrräder dürfen in Düsseldorf nicht im öffentlichen Straßenraum abgestellt werden
Die “Call a Bike“-Mietfahrräder der Deutschen Bahn dürfen in Düsseldorf nicht weiter im öffentlichen Straßenraum, etwa auf Gehwegen, abgestellt werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht heute im Eilverfahren entschieden und den vorausgehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Stadt Düsseldorf hatte der Antragstellerin, der Deutsche Bahn Connect GmbH, per Ordnungsverfügung aufgegeben, die “komplette Leihfahrräderflotte“ aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen und das Abstellen der Fahrräder auch in Zukunft zu unterlassen, weil die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis fehle. Auf Antrag des Unternehmens hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Eilbeschluss vom 15. September 2020 die Nutzung des öffentlichen Straßenraums vorläufig weiter zugelassen, weil das Aufstellen und Anbieten der Mietfahrräder keine Sondernutzung sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Stadt Düsseldorf hatte Erfolg.
Zur Begründung seines Eilbeschlusses hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Die Ordnungsverfügung sei voraussichtlich rechtmäßig. Das stationsunabhängige Aufstellen der Fahrräder im öffentlichen Straßenraum zwecks Vermietung sei eine Sondernutzung, wofür die Antragstellerin nicht die erforderliche Erlaubnis habe. Die Nutzung des öffentlichen Straßenraums durch das Abstellen der Fahrräder sei kein Gemeingebrauch. Denn die Straße werde hier nicht vorwiegend zum Verkehr genutzt; insbesondere seien die Mieträder nicht nur zum Parken abgestellt. Nach dem Geschäftsmodell der Antragstellerin (“Call a Bike“) stünden sie zwar auch zwecks späterer Wiederinbetriebnahme im Straßenraum. Im Vordergrund stehe aber der gewerbliche Zweck, mit Hilfe des abgestellten Fahrrads den Abschluss eines Mietvertrags zu bewirken. Die Nutzung der Straße unterscheide sich insofern nicht von sonstigem Straßenhandel, der regelmäßig als Sondernutzung zu qualifizieren sei. Die deshalb erforderliche Sondernutzungserlaubnis liege nicht vor, die Antragstellerin habe eine solche auch nicht beantragt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 11 B 1459/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf 16 L 1774/20)"
Die Entscheidung ist noch nicht in die Rechtsprechungsdatenbank eingestellt.
Überraschend ist dieser Beschluss, weil das Thema eigentlich seit dem Beschluss des OVG Hamburg vom 19.06.2009 - 2 Bs 82/09 (nextbike ./. Hamburg) erledigt schien.
Mal sehen, ob es Unterschiede im Sachverhalt gibt, die die Abweichung erklären. Nach dem in der Pressemitteilung mitgeteilten Sachverhalt und den Gründen hat das OVG Münster aber wohl bei identischem Sachverhalt abweichend entschieden. Über die Hintergründe kann man nur spekulieren. Ist ein Richter des erkennenden Senats kürzlich über einen E-Scooter gestolpert? Oder passen sich die Räder farblich nicht gut in die Düsseldorfer Altstadt ein?
Was man allerdings schon jetzt sagen kann, ist, dass die Städte sich mit dem Beschluss des OVG Hamburg nie ganz abgefunden haben und nun nach dem Aufstellen und wilden Parken und Umkippen tausender E-Scooter verstärkt die Kontrolle über das Geschehen zuirück erobern wollen (vgl. Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, "Straßennutzung durch Bikesharing" vom 17. Januar 2019, WD 5-3000 –166/18). Nun sieht es so aus, als ob für die Anbieter von Mieträdern und Mietscootern harte Zeiten anbrechen.
Danke, lieber Dr. Bokelmann!