Was ist ein Impfschaden?
Gespeichert von Dr. Michaela Hermes, LL.M. am
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde in kürzester Zeit ein Impfprogramm aufgelegt, das es so noch nie gegeben hat. Millionen, möglicherweise sogar Milliarden von Menschen werden in diesem oder dem nächsten Jahr geimpft. Mehrfach wechselnde Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) – der Beschluss der STIKO ist zum 4. Mal aktualisiert worden (Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung vom 01.04.2021) sorgten für Verwirrung. Nebenwirkungen bei Impfstoffen sind sehr selten. Auszuschließen sind sie jedoch nicht. Viele fragen sich, wie hoch ist das Risiko, dass in den Studien extrem seltene Schäden durchgerutscht sind?
Impfschaden
Was ein Impfschaden ist, definierte § 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bereits vor 20 Jahren. Es ist „die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.“
Als Impfschaden anerkannt wird allerdings nur eine dauerhafte gesundheitliche Schädigung, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein muss (zuletzt: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.08.2020 - L 13 VE 40/19, BeckRS 2020, 26193, auch: LSG Bayern Urteil vom 14.5.2019 – L 15 VJ 9/17, BeckRS 2019, 10615).
Haftung bei Impfschäden
Wer durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung einen Impfschaden erlitten hat, erhält auf Antrag eine Versorgung vom Land. Das ist in § 60 Abs. 1 IfSG ausdrücklich geregelt. Voraussetzung ist, dass die Schutzimpfung von den Ländern auf Grundlage des STIKO-Beschlusses empfohlen wird. Weiterhin muss eine über die übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung auftreten (Impfkomplikation), die dauerhaft ist (Impfschaden) und im Vollbeweis (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) feststeht.
Zwischen Impfung, Impfkomplikation und Impfschaden muss ein Ursachenzusammenhang bestehen. Entscheidend für die Kausalitätsbestimmung sind die neuesten medizinischen Erkenntnisse. Bei den COVID-19-Impfstoffen gibt es zwar eine Vielzahl von Studien, doch sind Komplikationen und Nebenwirkungen noch nicht umfassend erforscht. Erste Verdachtsfällen von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach der Impfung notiert das Paul-Ehrlich-Institut in seinen Sicherheitsberichten. Aktuell ist es der Sicherheitsbericht vom 09.04.2021 für Impfungen in der Zeit vom 27.12.2020 bis 02.04.2021.
Wer beurteilt den Impfschaden?
Aufgabe des Versorgungsamtes im jeweiligen Bundesland ist es, zu beurteilen, ob eine im zeitlichem Zusammenhang mit einer Impfung eingetretene gesundheitliche Schädigung durch die Impfung verursacht wurde.
Je nach Einzelfall kommt auch eine Haftung des pharmazeutischen Unternehmens in Betracht. Haftungsbestimmungen können sich auch aus dem Arzneimittelrecht, dem Produkthaftungsgesetz sowie den allgemeinen Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergeben.
Was bedeutet das für die aktuelle Situation?
Wichtig für die Haftungsfrage ist, ob sich die Empfehlung des jeweiligen Impfstoffes auch auf die zu impfende Person bezieht. So gilt die gegenwärtige Empfehlung der STIKO hinsichtlich des Impfstoffs von AstraZeneca für Personen über 60 Jahren. Werden Personen anderer Altersgruppen geimpft, kann mangels entsprechender öffentlicher Empfehlung ein Anspruch nach § 60 Abs. 1 S 1 Nr. 1 IfSG ausgeschlossen sein. Sinnvoll ist es, möglicherweise auftretende Nebenwirkungen und Komplikationen beim Haus- oder Facharzt zu dokumentieren.