Kein Verbot des Bahnstreiks durch Hessisches Landesarbeitsgericht
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 3. September 2021, Az. 16 SaGa 1046/21) hat ausweislich einer Pressemitteilung (06/2021) den Streik im Eisenbahnbetrieb in dem Eilverfahren der DB-Gesellschaften gegen die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nicht untersagt. Das Gericht hat damit das gleichlautende Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom Vortag bestätigt und die Berufung der DB-Gesellschaften zurückgewiesen.
Wie der zuständige Vorsitzende Richter am LAG, Dr. Peter Gegenwart, ausführte, sei der Streik nicht rechtswidrig. Die GDL verfolge tariflich regelbare Ziele. Sie habe vor dem Streikaufruf und in der Verhandlung klargestellt, dass sie nicht dafür streike, über eine Klausel die Anwendung der GDL-Tarifverträge auf ihre Mitglieder in den Betrieben der DB-Gesellschaften zu erreichen, in denen diese Tarifverträge nicht zur Geltung kommen, weil dort eine höhere Zahl von Mitgliedern der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) beschäftigt sind. Bei dem Streik handele es sich auch nicht um einen unzulässigen Unterstützungsstreik. Die Streikenden unterstützten zwar den Streik für den Abschluss von Tarifverträgen für Bereiche, in denen nur wenige GDL-Mitglieder tätig sind. Entscheidend sei aber, dass die GDL-Mitglieder gleichzeitig in eigener Sache für einen Tarifabschluss streikten, z.B. für die Lokomotivführer und Zugbegleiter. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist rechtskräftig. Eine Revision zum BAG ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich.
Die Entscheidung war zu erwarten. Die Arbeitsgerichte sind angesichts der im Recht der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) wurzelnden Streikfreiheit mit guten Gründen sehr zurückhaltend, wenn es um die Untersagung von Streiks im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geht. Vielfach machen die Arbeitsgerichte eine solche Untersagungsverfügung davon abhängig, dass der Streik offensichtlich rechtswidrig ist. Ferner zeigt sich, dass die Neuregelung im Tarifeinheitsgesetz nicht die erhoffte Wirkung zeitigt, sondern im Gegenteil als Brandbeschleuniger fungiert. Der Gesetzgeber sollte in der nächsten Legislaturperiode über eine Revision (Abschaffung) des § 4a TVG nachdenken.