Man wird doch wohl noch fragen dürfen: Bedeutung des Impfstatus für den Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz
Gespeichert von Martin Biebl am
Im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Entschädigung und der Arbeitgeber hält sich bei den Behörden schadlos. So die Theorie des Infektionsschutzgesetzes. Klappt oft, aber eben nicht immer. Es gibt durchaus Behörden, die sich querstellen, den Arbeitgeber auf § 616 BGB verweisen und sich bei der Erstattung wegducken. Entscheidend ist immer die Dauer der Quarantäne und an der Stelle bringt die Rechtsprechung glücklicherweise immer mehr Licht ins Dunkel. So wertete das Verwaltungsgericht Bayreuth eine eintägige Quarantäne – nicht ganz überraschend - als eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit (VG Bayreuth vom 07.07.2021 – B 7 K 21.222), während es diese bei einer 15-tägigen Quarantäne dann bereits ablehnte (VG Bayreuth vom 05.05.2021 – B 7 K 21.210). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Koblenz kann bei einer 14-tägigen Quarantäne aber dann doch noch von einer verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit ausgegangen werden (VG Koblenz vom 10.05.2021 – 3 K 107/21.KO). Dies gelte jedenfalls bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr. Maßgeblich ist auch, ob § 616 BGB im jeweiligen Arbeitsverhältnis überhaupt Anwendung findet oder wirksam im Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde.
Bei der ganzen Diskussion fällt der Blick aber noch zu selten auf die Regelung des § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG. Dort heißt es:
"Eine Entschädigung […] erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, […] ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können."
Also keine Entschädigung für Impfverweigerer? Kann/muss man das so lesen? Völlig ausgeschossen erscheint dies nicht. Eine grundsätzliche Impfpflicht gibt es glücklicherweise nicht. Aber eine Empfehlung der Politik, des RKI, der STIKO oder WHO gibt es zumindest für weite Teile der Bevölkerung durchaus. Sie bedeutet zwar immer noch keine Impfpflicht und jeder kann sich trotz dieser Empfehlungen immer noch gegen eine Impfung entscheiden. Aber soll er dann im Fall einer Quarantäneanordnung das finanzielle Risiko nicht auch selbst tragen? Zugegebenermaßen stammt die zitierte Regelung eigentlich aus dem Umfeld der Masernimpfung, aber man kann ihr durchaus eine Wertung des Gesetzgebers entnehmen: Wer sich trotz bestehender Möglichkeit nicht impfen lässt, handelts eigenverantwortlich und trägt die Folgen selbst. Wird somit nicht der Impfstatus zur Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs? Und geht der Impfstatus den Arbeitgeber dann nicht doch etwas an?