Impfpflicht im 2-G-Supermarkt
Gespeichert von Martin Biebl am
Die Hessische Landesregierung hat neue Regelungen zum Infektionsschutz erlassen. Nach der neuesten Verordnung kann die sogenannte 2-G-Regelung (Zutritt nur für Geimpfte und Genesene) nun sogar im gesamten Einzelhandel angewendet werden (während sich andere Bundesländer beispielsweise auf Konzerte und Veranstaltungen beschränkt haben). Eine Pflicht zum Tragen einer Maske und zur Einhaltung des Mindestabstands würde dann in den Geschäften entfallen. Es steht den betreibenden Personen frei, nur noch Geimpfte und Genese in ihren Geschäften zu empfangen und dann auf Abstands- und Maskenpflicht zu verzichten: „Wir gehen davon aus, dass diese Option eher nur tageweise genutzt wird und Geschäfte des alltäglichen Bedarfs davon keinen Gebrauch machen werden. Das heißt dann aber auch, dass ohne 2G weiter die Abstands- und die Maskenpflicht gelten.“ (vgl. die Mitteilung der Staatskanzlei). Wer den entsprechenden Nachweis nicht erbringen kann, muss draußen bleiben. Wörtlich heißt es in der § 26 a der Verordnung aus Hessen dazu:
"Sind bei Veranstaltungen und Angeboten nach § 16 Abs. 1 und 4, den §§ 17 bis 26 ausschließlich Personen mit Negativnachweis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 und Kinder unter zwölf Jahren mit Negativnachweis nach § 3 zugegen, entfallen die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske nach § 2 Abs. 1 Satz 1, die Notwendigkeit eines Abstands- und Hygienekonzepts nach § 5 sowie Kapazitätsbegrenzungen (2G-Zugangsmodell)."
Was heißt es nun, wenn der Einzelhandel teilweise – anders als die Landesregierung dies erwartet – vielleicht doch von dem Optionsmodell Gebrauch macht? Müssen sich dann die Angestellten des Supermarktbetreibers impfen lassen, weil andernfalls das ganze Optionsmodell keinen Sinn macht? Wenn das Optionsmodell einen sicheren Raum darstellen soll, dann muss man das wohl so sehen. In der Hamburger Verordnung heißt es beispielsweise in § 10 j:
[D]ie Nachweispflicht nach Nummer 1 [Nachweis als geimpft oder genesen] gilt auch für die im Betrieb, in der Einrichtung oder bei der Veranstaltung beschäftigten oder sonst tätigen Personen, die sich mit Kundinnen und Kunden, Besucherinnen und Besuchern, Gästen, Veranstaltungsteilnehmerinnen und Veranstaltungsteilnehmern oder sonstigen Personen, die das jeweilige Angebot in Anspruch nehmen, in denselben Räumlichkeiten oder räumlichen Bereichen aufhalten, […]"
Ein Arbeitgeber dürfte dann also auch nur geimpfte oder genesene Arbeitnehmer in Bereichen mit Kundenkontakt einsetzen. Dafür müsste er aber wissen, wer aus seiner Belegschaft überhaupt geimpft oder genesen ist. Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter also fragen dürfen, wenn die Verordnung sinnvoll umgesetzt werden soll. Spannend ist dabei die Frage, ob man im Wege dieser Verordnung einen datenschutzrechtlichen Erlaubnistatbestand schaffen durfte oder ob die Verordnung dadurch nicht vielleicht ihre Ermächtigungsgrundlage überschreitet. Und was kann/muss ein Arbeitgeber tun, der durch die Befragung erfährt, dass Mitarbeiter eben nicht geimpft oder genesen sind? Diese Mitarbeiter in einen Bereich ohne Kundenkontakt versetzen, sofern es einen solchen gibt? Sie vom Betrieb fernhalten, also freistellen? Dann stellt sich wiederum die Folgefrage, ob eine solche Freistellung bezahlt oder unbezahlt zu erfolgen hätte.
Eine direkte Impfpflicht im Arbeitsverhältnis kann sich auch durch Einführung des 2-G-Modells im Verordnungswege nicht ergeben. Aber eventuell führt es zu einer mittelbaren Impflicht, wenn sich Arbeitnehmer unbezahlt freistellen lassen müssen, weil sie ungeimpft im 2-G-Betrieb nicht arbeiten dürfen? Alles umstritten und nicht richterlich geklärt. Fraglich ist auch, ob der Verordnungsgeber diese Fragen überhaupt im Blick hatte oder ob dafür nicht ohnehin der Gesetzgeber zuständig wäre (vgl. hierzu auch Gräf, NZA 21, S. 1361).