Norm-Entwurf: DIN 8579 – Übersetzungsgerechtes Schreiben - Texterstellung und Textbewertung
Gespeichert von Peter Winslow am
Ein neuer Norm-Entwurf liegt vor. Laut des Einführungsbeitrags gebe diese Norm »Empfehlungen für die Erstellung und Bewertung von Fachtexten, die human und/oder maschinell in andere Sprachen übersetzt werden sollen«. Sie gebe aber »keine Empfehlungen für die speziellen Anforderungen an das Erstellen von belletristischen, journalistischen, werbenden und anderen nicht fachsprachlichen Texten«. ——Insoweit wird diese Norm auch für Jurist:innen und Anwält:innen interessant.
Lesende meiner Beiträge hier in der beck-community wissen, dass ich kein großer Fan von gekünstelten Leitlinien, Vorgaben, Regeln zur Verfassung von Ausgangstexten bin (siehe zum Beispiel hier). Regelmäßig dienen diese einer schreibregelbasierten Verblödung im Sinne der Maschine oder einem Verzicht auf die Fülle der Ausdrücksmöglichkeiten oder einer Verblödung und einem Verzicht zugleich. Wie verhält es sich bei dieser Norm?
Ich weiß es nicht. Ich bin aber skeptisch. Denn der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) hat sich hierzu gemeldet – derselbe BDÜ, der Mitte November 2019 meinte, das GDolmG lege »hohe und bundesweit einheitliche Anforderungen hinsichtlich der Qualifikation bei Gericht tätiger Dolmetscher« fest, wenn der Bundesrat schon Ende Oktober 2019 meinte, das GDolmG könne »seinem eigenen Zweck – einheitliche Standards für Gerichtsdolmetscher festzulegen – nicht gerecht werden«. Überhaupt endet der BDÜ seine Meldung zu diesem Norm-Entwurf mit den folgenen Sätzen:
Zugleich soll die Norm Übersetzern und Übersetzungsdienstleistern helfen, die Eignung von Fachtexten für die Übersetzung zu bewerten. Damit kann sie auch als Argumentationshilfe gegenüber Auftraggebern herangezogen werden – z. B. wenn es um die Begründung von Mehraufwänden bei der Übersetzung aufgrund mangelhafter Ausgangstexte geht.
Die Hoffnung des BDÜ scheint die zu sein, dass eine für Ausgangstexte geltende Norm ausgearbeitet werde, die ein neuartiges Verständnis des Begriffs »Mangel« im Bereich der Fachübersetzung mit sich bringe. Sollte ein Ausgangstext von dieser Norm abweichen, so könnten Auftragnehmer:innen, so scheint der BDÜ zu sagen, bereits im Rahmen der Angebotserstellung einen Mangel geltend machen, der zur Vermeidung von »Mehraufwänden« einer Nachbesserung vor Beauftragung bedarf – und zwar durch die Auftraggeber:innen.
Meint der BDÜ das wirklich? Ich weiß es nicht. Ich erhoffe mir jedenfalls mehr Klarheit infoge der Kommentare zu diesem Norm-Entwurf, die bis zum 12. Januar 2022 eingereicht werden können. Also: Wenn Sie den Norm-Entwurf einsehen und kommentieren möchten, finden Sie entsprechende Informationen hier.