LAG Schleswig-Holstein: Schadensersatz wegen diskriminierender Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Wussten Sie, dass sich im Internetportal „Ebay-Kleinanzeigen“ auch Stellenangebote finden? Ich war – etwas naiv – davon ausgegangen, dass dort im Wesentlichen nur gebrauchte Dinge zum Verkauf angeboten werden. Ein Blick auf die Seiten von Ebay-Kleinanzeigen zeigt dann aber schnell, dass dort auch in nicht geringem Umfang Stellenangebote eingestellt werden. Dies reicht von Altenpflegefachkräften, über Verkaufsmitarbeiter (m/w/d) bis hin zu Projektmanagern. Arbeitgeber, die sich dieses Mediums bedienen, unterliegen ebenfalls den Anforderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und laufen Gefahr, sich schadensersatzpflichtig zu machen.
Dies zeigt eine vor kurzem veröffentlichte Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (21.6.2022 – 2 Sa 21/22, NZA-RR 2022, 455).
In diesem Fall hatte sich der Kläger auf eine in Ebay-Kleinanzeigen veröffentlichte Stellenanzeige beworden, in der es wörtlich hieß:
„Sekretärin gesucht!
Beschreibung:
Wir suchen eine Sekretärin ab sofort.
Vollzeit/Teilzeit
Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …“
Der Kläger antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion u.a. mit folgenden Worten:
„Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen ihre Stellenausschreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern.
Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle. …“
Das Unternehmen antwortete schließlich mit folgenden Worten:
„…vielen Dank für Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute Vielen Dank. …“
Der Kläger machte gegenüber dem Unternehmen eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern geltend.
Das LAG hält den für die Geltendmachung von Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in Ebay Kleinanzeigen veröffentlich, müsse damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers müsse identifizierbar sein. Die Bewerbung des Klägers sei auch nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. An eine solche Annahme würden hohe Anforderungen gestellt: Es müssten im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten rechtfertigen. Das von der Beklagten Vorgetragene habe dafür nicht ausgereicht. Im Hamburger Umland sei unter Beachtung der laufenden Stellenangebote für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von EUR 2.700,00 zu zahlen, sodass die Klage in Höhe von EUR 7.800,00 (drei Gehälter á EUR 2.600,00) nicht überzogen gewesen sei.