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HENNING KLEBT FEST! - im Sitzungssaal. Und nun?!

Bild von Carsten.Krumm Gespeichert von Carsten Krumm am Fr, 2023-02-24 10:12

Kategorie: 
Verkehrsrecht

Köstlich. Klima-Kleber sind unbequem. Wollen sie ja auch sein. Terroristen sind sie sicher nicht. Durch die Tagespresse gestern ging ein junger Mann mit dem Vornamen Henning, der sich offenbar gegen einen Strafbefehl wehrte. Und wie es sich für einen Klima-Kleber gehört, klebte er sich fest. Diesmal dummerweise im AG Tiergarten. Meldung und Foto HIER. Die weitere Verfahrensweise des Gerichts war laut Presse wohl ein Hinausschaffen und Weiterverhandeln. Den Tisch durfte er sogar behalten und zog mit dem davon. Witzig! Ich fragte mich sofort: Ginge es auch prozessual anders?

Klar. Heißester Tipp für solche Fälle der Hauptverhandlung nach Einspruch gegen den Strafbefehl, wenn die Sitzung schon mit der Klebeaktion beginnt: Einfach kleben lassen. Die Sitzung gem. § 229 StPO für 5 Minuten unterbrechen und in einem anderen Sitzungssaal fortsetzen. Der Angeklagte muss dann zusehen, wie er rechtzeitig da ist. Wenn er eine*n Verteidiger*in hat, kann die/der dann für ihn auftreten, vgl. § 412 StPO. Man könnte die Anordnung des persönlichen Erscheinens dann einfach aufheben.

Wenn Henning sich bereits eingelassen hätte, bedürfte es noch nicht einmal der Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens um normal zu verhandeln. Dann könnte man auch nach Unterbrechung und Fortsetzung 5 Minuten später an anderem Ort ohne ihn so verhandeln...vgl.

 

§ 232
Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Angeklagten
(1) Die Hauptverhandlung kann ohne den Angeklagten durchgeführt werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann, und wenn nur Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebeneinander, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf in diesem Verfahren nicht verhängt werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zulässig, wenn der Angeklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
(2) Auf Grund einer Ladung durch öffentliche Bekanntmachung findet die Hauptverhandlung ohne den Angeklagten nicht statt.
(3) Das Protokoll über eine richterliche Vernehmung des Angeklagten wird in der Hauptverhandlung verlesen.
(4) Das in Abwesenheit des Angeklagten ergehende Urteil muß ihm mit den Urteilsgründen durch Übergabe zugestellt werden, wenn es nicht nach § 145a Abs. 1 dem Verteidiger zugestellt wird.

Diese Möglichkeit könnte man also auch in den Fällen einer normalen Verhandlung nach eröffneter Anklage wählen...

 

Ich frage mich dann noch, was eigentlich mit dem Tisch ist. Muss Henning den zurückbringen? Darf Henning den Tisch wegwerfen, verschenken, verkaufen? Vielleicht gar als Trophäe? Oder würde er sich etwa wegen Unterschlagung strafbar machen? Und wer entscheidet eigentlich so kurzfristig über das "Verschenken" eines Tisches? Wahrscheinlich bekomme ich darauf hier gar keine Antworten ;-)


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