Kirsten Heisig "Das Ende der Geduld - Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter"
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Drei Tage nachdem am 30. Juni die Meldung aufhorchen ließ, die bekannte Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig sei vermisst, fand man ihren Leichnam in einem Waldstück. Die Motive für ihren Freitod sind unbekannt. Kurz zuvor hatte sie das Manuskript ihres Buchs „Das Ende der Geduld“ fertiggestellt, das seit seinem Erscheinen Ende Juli die vom SPIEGEL wöchentlich abgedruckte Sachbuchbestsellerliste anführt.
Für mich, der seit etlichen Jahren keine praktischen richterlichen Erfahrungen mit Jugendgewalt sammeln konnte, sondern darüber durch die spektakulären Fälle aus den Medien, aber auch durch Gespräche mit Jugendrichtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern erfährt, war es aufrüttelnde Lektüre, der ich auch künftighin einen breiten Leserkreis wünsche. Mit ihrer Streitschrift hat sich eine mutige Kollegin ihrer Empörung darüber Luft gemacht, dass wir den Kampf gegen die Jugendgewalt verlieren, wenn wir nicht rasch und konsequent unsere Rechts- und Werteordnung durchsetzen; denn unsere Gesellschaft stehe am Scheideweg in „reich“ und „arm“, in „links“ und „rechts“, in „muslimisch“ und „ nicht muslimisch“ (S. 203). Etlichen türkischstämmigen und „arabischen“ Jugendlichen sei unsere Werteordnung gleichgültig; „westlichen“ Frauen gegenüber bestehe eine besondere Mißachtung (S. 79) – und Heisig erzählt die Geschichte einer grausamen Vergewaltigung nach, die junge arabische Männer an einem Mädchen begehen, über die Güner Balci in ihrem Buch „Arabboy“ berichtete (S. 72 ff).
Frau Heisig, die in Berlin-Neukölln beruflich überwiegend mit jugendlichen Intensivtätern aus Migrantenfamilien befasst war, belegt anschaulich, wie in ihrem Zuständigkeitsbereich seit Jahren eine Islamisierung stattfindet, die auch zu einem parallelen Rechtssystem führt – und die Jugendgerichtsbarkeit an ihre Grenzen stoßen lässt; die Zusammenarbeit aller zuständigen Behörden sei ohne Beschränkungen durch einen übertriebenen Datenschutz erforderlich.
Zahlreiche erschütternde Fälle von Jugendgewalt in jüngster Vergangenheit haben die Gesellschaft wach gerüttelt. Wer sich für die Ursachen interessiert, wird das Sachbuch mit großem Gewinn lesen. Das ebenso engagiert wie kenntnisreich ausgebreitete Material gilt es nun in rechtspolitische Handlungsanweisungen umzusetzen, wollen wir den Kampf gegen die Jugendgewalt nicht verlieren – mit Empörung allein ist es nicht getan.