Zeitarbeit - Fluch oder Segen?
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Kaum ein Thema polarisiert in einem Maße wie die Zeitarbeit (Leiharbeit, Arbeitnehmerüberlassung). Während die eine Seite von prekären Arbeitsverhältnissen spricht und in der Zeitarbeit vor allem ein Vehikel für die Etablierung von Dumpinglöhnen sieht, preist die andere Seite dieses Beschäftigungsmodell als Jobmotor.Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat jetzt eine Studie mit dem Titel „Zeitarbeit in Deutschland – Treiber für Flexibilität und Wachstum“ vorgelegt. Das Institut kommt hierin u.a. zu dem Ergebnis, daß Zeitarbeit hat den Unternehmen geholfen habe, die Wirtschafts- und Finanzkrise ohne Massenentlassungen zu meistern. Die Zeitarbeit habe die für den nachfolgenden Aufschwung benötigten Personalressourcen schnell bereitgestellt. Die Krise hätte ohne Zeitarbeit wahrscheinlich schwerwiegendere Folgen für die deutsche Wirtschaft gehabt und länger angedauert. Rund 14 Prozent der Zeitarbeitnehmer würden vom Kundenunternehmen übernommen – es gäbe also einen eindeutigen positiven Klebe-Effekt. 76 Prozent der Übernommenen wäre ohne den vorherigen Einsatz als Zeitarbeitnehmer keine Festanstellung angeboten worden. Im übrigen gäbe es deutlich mehr Unternehmen, bei denen der Einsatz von Zeitarbeit gleichzeitig mit einem Zuwachs der Stammbelegschaft einhergeht. Die Verdrängung von Stammbelegschaften sei ein Randphänomen. Im Großteil der Fälle sichere die Zeitarbeit Stammbelegschaften. Kostengründe spielen beim Einsatz von Zeitarbeit angeblich eine untergeordnete Rolle. Im Gewerkschaftslager ist die Studie erwartungsgemäß auf scharfe Kritik gestoßen: DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki (Pressemitteilung des DGB Nr. 078 vom 11.5.2011) sagte: „Die Analyse des IW geht an der Realität vorbei: Der derzeitige Aufschwung beruht nicht auf dem massenhaften Einsatz der Leiharbeit, die inzwischen einen noch nie dagewesenen Boom mit über 900 000 Beschäftigten erlebt.“ Der DGB erneuert stattdessen seinen Appell an die Politik, endlich den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ ab dem ersten Tag gesetzlich im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zu verankern. Davon profitierten nicht nur alle Beschäftigten, auch würde die Leiharbeit auf diese Weise auf ein gesundes Maß zurückgedrängt.