Schweigen ist nicht immer Gold
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Ein Ehepaar trennt sich. Die Kinder bleiben in der Obhut des Vaters.
Der Vater verlangt von der barunterhaltspflichtigen Mutter zunächst außergerichtlich Auskunft über ihre Einkünfte.
Die Mutter schweigt.
Der Vater beantragt Verfahrenskostenhilfe für einen Stufenantrag gegen die Mutter. Das Gericht leitet den Antrag der Mutter formlos gemäß § 118 I 1 ZPO zur Stellungnahme zu.
Die Mutter schweigt.
Das Gericht bewilligt dem Vater VKH und stellt den Stufenantrag zu.
Jetzt meldet sich die Mutter, beantragt ihrerseits VKH und beruft sich (wohl berechtigt) auf Leistungsunfähigkeit.
Das OLG Celle hat den VKH-Antrag der Mutter wegen Mutwilligkeit abgelehnt.
Einer Bewilligung von VKH steht der Gesichtspunkt der Mutwilligkeit entgegen, wenn dem Rechtssuchenden eine einfachere und billigere Möglichkeit der Geltendmachung offensteht, die auch ein selbst für die Rechtsverfolgungs- bzw. verteidigungskosten aufkommender Beteiligter vernünftigerweise wählen würde.
Es ist schlichtweg selbstverständlich, dass sich eine in beliebig rechtserheblicher Weise in Anspruch genommene Person dem - soweit dies aus ihrer Sicht zu Unrecht erfolgt - entgegenstellt und - je nach den persönlichen Fähigkeiten mehr oder wenig substantiiert und qualifiziert - den für unberechtigt gehaltenen Anspruch zurückweist. Dies gilt auch und erst recht für eine Inanspruchnahme, für die ein Anspruchsteller erst um Prozess bzw. Verfahrenskostenhilfe nachsucht, so dass der in Anspruch Genommene vorab durch das ersichtlich als neutrale Instanz tätig werdende Gericht ausdrücklich zu einer entsprechenden Stellungnahme zur Verteidigung aufgefordert wird.
In einer solchen Situation bedarf es daher einer besonderen Rechtfertigung, wenn der in Anspruch Genommene von der ihm ausdrücklich nahegelegten Möglichkeit der Stellungnahme nicht zumindest in einer solchen Weise Gebrauch macht, wie dies ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten ohne weiteres und ohne Auslösung wesentlicher Kosten - namentlich etwa für die erstmalige Einschaltung eines Rechtsanwaltes - möglich und zumutbar ist. auch ein selbstzahlender Betroffener würde vernünftigerweise bereits in diesem Frühstadium entsprechend tätig werden, schon um das mit einer eigentlichen gerichtlichen Inanspruchnahme unabhängig vom Ausgang des Verfahrens stets verbundene Kostenrisiko zu vermeiden. Unterlässt der in Anspruch Genommene dagegen ohne triftigen Grund die ihm in diesem Sinne obliegende Stellungnahme, so stellt sich eine erst nach dadurch verursachter Rechtshängigkeit des Verfahrens erfolgende Geltendmachung der entsprechenden Einwendungen als verfahrenskostenrechtlich mutwillig dar. Demgegenüber erweist sich auch der Hinweis auf ein anfänglich noch fehlendes Prozessrechtsverhältnis als unerheblich - einer Beurteilung als mutwillig steht gerade nicht entgegen, dass ein entsprechendes Verhalten prozess- bzw. verfahrensrechtlich zulässig wäre.
OLG Celle vom 12.08.2011 - 10 WF 299/10
PS: Die Mutter wird - auch wenn sie in der Hauptsache gewinnen sollte - die Kosten des Verfahrens tragen müssen (§ 243 S. 2 Nr. FamFG)