Umgang und Unterhalt - BGH stellt Trennung in Frage
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Umgang und Unterhalt waren bislang zwei streng voneinander zu trennende Problemfelder.
Nun hat der BGH erneut (zuvor schon BGH NJW 2010, 3369) die Grenzen verwischt.
Der Fall:
Heirat Dezember 2004, Geburt des Kindes Januar 2005, Scheidung Juli 2008. Das Kind lebt bei der Mutter. Der Antragsgegner übt sein Umgangsrecht an jedem Mittwochnachmittag und an jedem zweiten Wochenende von samstags 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr, an den übrigen Wochenenden freitags nachmittags aus. Das Kind besucht während der Woche von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr einen Ganztageskindergarten Die Kosten hierfür in Höhe von monatlich 345 € incl. 55 € Verpflegungspauschale trägt die Antragstellerin. Der Antragsgegner befindet sich im vorzeitigen Ruhestand und strebt eine Ausweitung seines Umgangsrechts bis hin zu einem Wechselmodell an.
Das OLG Frankfurt (BeckRS 2011, 16697) hatte für sie eine Erwerbstätigkeit von 25 Wochenstunden für zumutbar gehalten und einen Unterhaltsanpruch in Höhe von 1383 € + 270 € Altersvosrorgeunterhalt errechnet.
Auf die Revision des Mannes hat der BGH das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Der BGH vertritt die Auffassung die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs über drei Jahre könne daran scheitern, dass der Unterhaltspflichtige - auch gegen den Willen des anderen – ernsthaft und verlässlich die Übernahme von Kindesbetreuung anbietet. Wie bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts nach § 1684 BGB sei dabei auch im Rahmen des Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB maßgeblich auf das Kindeswohl abzustellen, hinter dem rein unterhaltsrechtliche Erwägungen zurücktreten müssten.
Nach Auffassung des BGH ist also inzident im Unterhaltsverfahren die Umgangsfrage zu prüfen!
Ob dann der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, das Jugendamt zu beteiligen ist und - vor allem – wer die Beweislast dafür trägt, dass die vom Unterhaltspflichtigen gewünschte Umgangsregelung praktikabel und zumutbar ist, lässt der BGH allerdings offen.
BGH v. 01.06.2011 - XII ZR 45/09 = NJW 2011, 2430, siehe auch Pauling in FamFR 2011, 337