FG Köln: Telefoninterviewer sind Arbeitnehmer
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Auch Finanzgerichte äußern sich bisweilen zu arbeitsrechtlich relevanten Fragen; so vor kurzem auch das FG Köln (Urteil vom 14.3.2012 - 2 K 476/06) zur Arbeitnehmereigenschaft von „Telefoninterviewern“. Hier steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus. In der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit ist diese Tätigkeit mehrfach als selbständig qualifiziert werden. Das FG Köln sieht dies anders. Geklagt hatte in diesem Fall ein Meinungsforschungsinstitut, das Telefoninterviewer auf „freiberuflicher Basis“ beschäftigt hatte. Den Interviewern stand ein Telefonarbeitsplatz im Institut zur Verfügung. Ihr Honorar wurde im Wesentlichen danach kalkuliert, wie viele Interviews durchschnittlich je Stunde durchgeführt wurden, und nach der Anzahl erfolgreich abgeschlossener Interviews bemessen. Von den gezahlten Honoraren wurden weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuern einbehalten. Das Finanzamt nahm das Institut für Lohnsteuer in Höhe von über einer halben Million Euro in Haftung. Das hiergegen angerufene Finanzgericht Köln bejahte zwar die Arbeitnehmereigenschaft der Telefoninterviewer, reduzierte aber die Haftungssumme auf rund ein Fünftel des vom Finanzamt angesetzten Steuerhaftungsbetrages. Da die Interviewtätigkeit typischerweise vielfach von Personen ohne weitere Einkünfte (z.B. Studenten) als Aushilfs- bzw. Nebentätigkeit ausgeübt werde, nahm der Senat an, dass bei einem erheblichen Teil der Arbeitnehmer gar keine Einkommensteuer angefallen wäre bzw. die Zahlungen ordnungsgemäß versteuert worden seien. Das Gericht verneinte außerdem die Arbeitnehmereigenschaft von ebenfalls beschäftigten sog. Codierern, die Antworten nach einem vorgeschriebenen Kennzahlenplan verschlüsselten. Diese Personen waren in Heimarbeit tätig und hätten daher eine freiere und eigenverantwortlichere, gegen eine Arbeitnehmerstellung sprechende Tätigkeit ausgeübt.