Plötzliche Magen-Darm-Grippe, eine unzuverlässige Ehefrau und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
In einem nach altem Recht eingeleiteten Verfahren war der Beschluss dem Vater am 25.6.2010 zugestellt worden. Am 26.7.2010 (einem Montag) legte er hiergegen beim AG Beschwerde ein, beim OLG ging die Beschwerde mit den Akten am 30.7.2010 ein.
Auf den Hinweis der Senatsvorsitzenden, dass die Beschwerde verspätet beim OLG (altes Recht!) eingegangen sei, beantragte der Vater Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung führte er aus, sein Verfahrensbevollmächtigter habe am Tag des Fristablaufs noch prüfen wollen, ob die Beschwerde beim AG- oder beim OLG einzulegen sei, und habe zur Sicherheit je einen Beschwerdeschriftsatz an das AG und an das OLG fertig gestellt und unterschrieben.
Sein Verfahrensbevollmächtigter sei am Abend des Fristablaufs gegen 19.45 Uhr zunächst nach Hause gefahren und habe beabsichtigt, später noch einmal in die Kanzlei zu fahren, um die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts abschließend zu prüfen und den richtigen Schriftsatz zu faxen. Daran sei er jedoch durch eine plötzlich aufgetretene Magen-Darm-Erkrankung gehindert gewesen. Er habe daher seine Ehefrau, die ebenfalls Volljuristin sei, gebeten, in die Kanzlei zu fahren und den vorbereiteten Schriftsatz an das OLG zu faxen. Diese habe jedoch um 22.10 Uhr versehentlich beide unterschriebenen Schriftsätze an das AG gesendet.
Das OLG wies das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf zugleich die Beschwerde. Auf die Rechtsbeschwerde des Vaters hob der BGH den Beschluss des OLG auf, gewährte dem Vater Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Der BGH (v. 7.8.2013, XII ZB 533/10):
Ein Rechtsanwalt hat zwar im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch dafür Vorkehrungen zu treffen, dass im Falle einer Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen wahrnimmt. Auf einen krankheitsbedingten Ausfall muss sich der Rechtsanwalt aber nur dann durch konkrete Maßnahmen vorbereiten, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann. Wird er dagegen unvorhergesehen krank, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, wenn ihm diese weder möglich noch zumutbar war. So liegt der Fall hier.
Der Rechtsbeschwerdeführer hat glaubhaft gemacht, dass sein Anwalt am Abend des Fristablaufs plötzlich und unvorhergesehen an einer Magen-Darm-Grippe mit Fieber erkrankt war und deshalb nicht wie vorgesehen nochmals ins Büro fahren konnte, um den Beschwerdeschriftsatz selbst abzuschicken. Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit (nach 22 Uhr) und der Tatsache, dass der Verfahrensbevollmächtigte ausweislich seines Briefkopfes als Einzelanwalt in Bürogemeinschaft tätig ist, war die Erreichung und Bestellung eines Vertreters erkennbar aussichtslos. Angesichts dieser Umstände hat er mit der Beauftragung seiner Ehefrau, das Fax an das OLG zu senden, schon eine Maßnahme getroffen, zu der er im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand nicht verpflichtet war. Allein deshalb kann ihm der dann bei der Ausgangskontrolle aufgetretene Fehler nicht angelastet werden.