Umstrittene Honorarprofessur an der FU Berlin
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Die Ernennung zum Honorarprofessor an einer Universität kann sich mitunter zu einem Politikum auswachsen. An der Freien Universität Berlin ist vom dortigen Fachbereich Rechtswissenschaft ein Verfahren in Gang gesetzt worden, den Vorsitzenden Richter am LAG Berlin, Herrn Dr. Aino Schleusener, zum Honorarprofessor zu ernennen. Damit hat sich der Fachbereich ohne Zweifel für eine im Arbeitsrecht hervorragend ausgewiesene Persönlichkeit entschieden, die auch im arbeitsrechtlichen Schrifttum sehr präsent ist. Er ist u.a. Mitherausgeber eines Kommentars zum AGG (Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, 3. Aufl. 2010) und eines Kommentar zum AGG (Bader / Dörner / Mikosch / Schleusener / Schütz / Vossen, Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsgerichtsgesetz, GK-ArbGG, Stand 2015). Allerdings scheint ihm nun die Mitwirkung an einem Urteil zum Verhängnis zu werden, das vor einigen Jahren für ein großes Medienecho gesorgt hatte. Zu den aktuellen Geschehnissen an der FU Berlin wird nachfolgend auszugsweise ein Bericht des „Tagesspiegels“ vom 16.10.2015 wörtlich wiedergegeben: „Axel Aino Schleusener, Vorsitzender Richter am Berliner Landesarbeitsgericht, wird offenbar nicht Honorarprofessor der Freien Universität (FU). Nach unbestätigten Informationen eines Insiders kam im Akademischen Senat der FU am Mittwoch im nicht öffentlichen Teil der Sitzung keine Mehrheit dafür zustande. In der zweiten Abstimmung des Gremiums zur Honorarprofessur Schleuseners soll es am Mittwoch zehn Jastimmen, zehn Neinstimmen und eine Enthaltung gegeben haben. Die Freie Universität wollte sich auf Anfrage nicht äußern, zu Personalangelegenheiten werde grundsätzlich keine Auskunft gegeben. Schleusener sollte auf Wunsch des Fachbereichs Rechtswissenschaft der FU zum Honorarprofessor ernannt werden. Der Richter hatte im Jahr 2008 ein umstrittenes Urteil im Fall der Kassiererin „Emmely“ gesprochen. Dass der Akademische Senat über die Personalie entzweit ist, hatte sich wie berichtet bereits im Juli gezeigt. Damals stimmten noch zehn Mitglieder für Schleusener, acht gegen ihn, drei enthielten sich, war zu hören. Damit wäre Schleusener damals - wenn auch nicht mit großer Mehrheit - zum Honorarprofessor ernannt gewesen. Doch die Gruppe der Studierenden legte ein aufschiebendes Gruppenveto ein, das jetzt die zweite Abstimmung erforderlich machte. Die Kassiererin "Emmely" 2008 war nach einer 15-jährigen Beschäftigung bei der Supermarktkette Kaiser’s fristlos gekündigt worden, weil sie zwei Pfandbons im Wert von 1,30 Euro zu Lasten ihres Arbeitsgebers eingelöst haben sollte. Ihre Kündigungsschutzklage wehrte das Berliner Arbeitsgericht unter dem damaligen Vorsitzenden Schleusener aber ab. Die Kündigung sei gerechtfertigt, das Vertrauensverhältnis des Arbeitgebers zu "Emmely" zerrüttet, erklärte das Gericht. Der Fall verursachte in der Öffentlichkeit Empörung. Erst in letzter Instanz bekam "Emmely" im Jahr 2010 vom Bundesarbeitsgericht Recht. Die Kündigung sei unverhältnismäßig gewesen, nur eine Abmahnung wäre gerechtfertigt gewesen, urteilte das Gericht.“ Sollte tatsächlich die Mitwirkung an dem klageabweisenden Urteil im Fall „Emmely“ bei der Ablehnung eine Rolle gespielt haben, wäre dies in meinen Augen eine sachfremde, die richterliche Unabhängigkeit in Frage stellende Erwägung. Beschädigt wäre weniger die Person des in Aussicht genommenen Richters als die Reputation der FU Berlin.