Der jähzornige Samenspender
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Der Antragsteller hat sich bereits mehreren Frauen mit Kinderwunsch als Samenspender zur Verfügung gestellt.
Von einer dieser Mütter begehrt er nunmehr Auskunft über seine Tochter und die Überlassung eines Fotos derselben.
Die Mutter wendet ein, der Antragsteller terrorisiere sie und die anderen Mütter mit unzähligen Telefonaten und E-Mails. Entgegen seiner ursprünglichen Zustimmung weigere er sich, einer Stiefkindadoption durch ihre Lebenspartnerin zuzustimmen. Ihm gehe es nicht um die Kinder; vielmehr wolle er ausschließlich Einfluss auf das Leben der Frauen nehmen. Er sehe die gezeugten Kinder lediglich als Statussymbole, über welche er eine Bindung der Mütter zu ihm erreichen wolle. Die Pflege eines Kindes und Übernahme elterlicher Verantwortung sei ihm nicht möglich. Er sei jähzornig, selbstbezogen, unberechenbar und leide unter erheblichen psychischen Auffälligkeiten.
Das OLG (OLG Hamm v. 07.03.14 - 13 WF 22/14) zu dem Inhalt der E-Mail-Korrespondenz:
Hierbei versteigt er sich zu vulgären und die Grenze der Strafbarkeit überschreitenden Äußerungen („dreckige, miese Ratte“, „dreckige Arroganz und Verlogenheit“, „krankes Hirn“, „kranker Egoismus“, „verlogener, eiskalter und charakterloser Abschaum als Mutti“, „kranke Klauen“) und „droht“ mit der Geltendmachung seiner Rechte als Vater, obwohl er - zumindest der Antragsgegnerin gegenüber - im Vorfeld der Samenspende ausdrücklich zugesichert hat, einer Stiefkindadoption seitens der Lebenspartnerin der Antragsgegnerin „selbstverständlich zuzustimmen“. Dieser Zustimmung war eine Anfrage der Antragsgegnerin vorausgegangen, mit welcher diese deutlich gemacht hat, dass ihre Lebenspartnerin das Kind adoptieren solle, damit „sämtliche Rechte und Pflichten eines Elternteils auf sie übergehen“. Nach dem Zerwürfnis zwischen den Beteiligten hat er seine Zustimmung zur Adoption verweigert und versucht, auf die Beziehung zwischen der Antragsgegnerin und ihrer Lebenspartnerin schädigend einzuwirken, indem er ausdrücklich darauf hinweist, dass nur er und die Antragsgegnerin die Kindeseltern seien, die Lebenspartnerin hiermit „nichts zu tun“ habe und die Lebenspartnerin sowohl der Antragsgegnerin als auch dem Kind mit ihren „Tricks“ und ihrem „kranken Egoismus“ schade.
Gleichwohl bewilligt das OLG dem Vater VKH für den genannten Auskunftsantrag:
Nach § 1686 BGB ist ein Elternteil verpflichtet, dem anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse der gemeinsamen Kinder zu erteilen, wenn und soweit der Elternteil ein berechtigtes Interesse daran hat und dies dem Wohl des gemeinsamen Kindes nicht widerspricht. Das Wohl des Kindes soll hierbei nicht Maßstab für die Gewährung der Auskunft sein, sondern diese lediglich begrenzen. Hiermit soll einem Missbrauch des Auskunftsrechts vorgebeugt werden. Ein Ausschluss oder eine Einschränkung dieses Anspruchs ist nur bei Rechtsmissbrauch möglich, wie er z. B. bei schikanösem Verhalten oder auch dann vorliegen kann, wenn das Auskunftsbegehren sachfremden Zwecken wie z. B. Übergriffen in die elterliche Sorge dient.
Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftserteilung oder auch das Verlangen nach Auskunft dem Kindeswohl widerspricht, sind nicht vorhanden. B kann und wird von der Auskunftserteilung seitens der Antragsgegnerin keine Kenntnis erlangen und ist somit hiervon nicht in ihrem Empfinden betroffen. Der Umstand, dass der Antragsteller nach dem Vortrag der Antragsgegnerin seinen Anspruch auf Auskunft dazu missbrauchen möchte, um in ihre Privatsphäre und in ihre Beziehung mit ihrer Lebenspartnerin einzugreifen, und die Informationen über B dazu nutzen werde, ihr gegenüber manipulativ und drohend aufzutreten, genügt hierfür nicht. Sollte sich die Antragsgegnerin durch das Begehren nach Auskunft beziehungsweise durch die „Belästigungen“ in ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden gestört fühlen, kann dem sowie anderweitigen Belästigungen durch den Antragsteller dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass die geforderte Auskunft erforderlichenfalls über eine Mittelsperson wie z. B. das Jugendamt oder über einen Rechtsanwalt erteilt werden kann. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern die mit dem Auskunftsverlangen begehrten Informationen für weitere Drohungen bzw. Belästigungen nützlich sein könnten. Dies ist auch von der Antragsgegnerin nicht aufgezeigt. Auch wenn das Auskunftsverlangen des Antragstellers möglicherweise auf einem plötzlichen Sinneswandel beruht, liegen diesem Verlangen nach dem bisherigen Sach- und Streitstand keine sachfremden Motive für die Geltendmachung dieses Auskunftsanspruchs zugrunde. Ein schikanöses Verhalten des Antragstellers ist - derzeit - nicht erkennbar. Letztlich begehrt der Antragsteller mit seinem Auskunftsanspruch lediglich das, was im Vorfeld der Schwangerschaft, als die Beteiligten und auch die Lebenspartnerin der Antragsgegnerin noch ein herzliches Verhältnis zueinander pflegten, unausgesprochener Konsens war, nämlich dass er zumindest in gewissem Umfang über die Entwicklung und das Wohl von B unterrichtet wird. Die Antragsgegnerin wird zu akzeptieren haben, dass der Antragsteller der leibliche und rechtliche Vater ihres Kindes ist und der Auskunftsanspruch letztlich auch Ausfluss des dem Antragsteller zustehenden Elternrechts aus Art. 6 GG. Dieser Auskunftsanspruch stellt nach dem Kontaktabbruch zwischen den Beteiligten für den Antragsteller die einzige Möglichkeit dar, sich über die Entwicklung von B zu informieren und an ihrem Leben teilzuhaben.