Unfassbares aus Weimar
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Das AG Weimar ist (wiedermal) in die Schlagzeilen geraten. Die Pressetelle des Gerichts hat bestätigt, dass das AG einen Beschluss folgenden Inhalts erlassen hat:
Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am ..., und B, geboren am ..., nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird untersagt, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler folgendes anzuordnen oder vorzuschreiben:
im Unterricht und auf dem Schulgelände Gesichtsmasken aller Art, insbesondere Mund-Nasen-Bedeckungen, sog. qualifizierte Masken (OP- Maske oder FFP2-Maske) oder andere, zu tragen,
Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten, die über das vor dem Jahr 2020 Gekannte hinausgehen,
an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen.
Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am ..., und B, geboren am ..., nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird geboten, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler den Präsenzunterricht an der Schule aufrechtzuerhalten.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die beteiligten Kinder tragen keine Kosten. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Der Fall weisst eine Reihe von Merkwürdigkeiten auf
So teilt das Thüringer Bildungsministerium am 12.4. mit:
Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses ist bisher nicht erfolgt. Weder den Schulen noch der Landesregierung liegt der Beschluss in schriftlich ausgefertigter Form vor. Bisher kennen wir lediglich eine Mail an die Schulleitungen.
Wird der Beschluss noch allen Lehrern, Leitungen und Vorgesetzten der Schulleitungen (wer mag das alles sein?) zugestellt werden?
Am 13.3.21 war von der Kindesmutter ein Kinderschutzverfahren angeregt worden. Das AG Weimar eröffnete "von Amts wegen" zwei Hauptsacheverfahren und zwei eAO-Verfahren nach § 1666 BGB betreffend die Kinder (warum eigentlich nicht für alle SchülerInnen) in Weimar?
Den anderen Beteiligten werden inquistorische Fragen gestellt.
Am 26.3. erlässt das Gericht einen Beweisbeschluss, in dem (überraschend oder auch nicht) zwei bekannt querdenkende Sachverständige bestellt werden.
Bereits am 8.4. (wer weiss, wie lange Gutachten sonst auf sich warten lassen, wundert sich oder auch nicht) müssen die Gutachten vollständig vorgelegen haben, denn das Gericht gibt sie vollständig in dem Tatbestand genannten Teil des Beschlusses wieder. Damit sind dann schon mal 162 Seiten gefüllt.
Es ist nicht ersichtlich, dass den anderen Beteiligten die SV-Gutachten zuvor mit der Möglichkeit der Stellungnahme übersandt worden sind (wozu auch, der Richter war doch schon überzeugt?)
Der Beschluss ergeht ohne mündliche Verhandlung.
Zur entscheidenden Frage der Zuständigkeit des Familiengerichts heisst es hingegen ebenso lapidar wie falsch:
Dabei kann das Familiengericht nach § 1666 Absatz 4 BGB in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
Etwas anderes für den Rechtsweg ergibt sich auch nicht aus § 40 VwGO. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist für Kindeswohlgefährdungsverfahren nicht eröffnet. Denn Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung sind durch Bundesgesetz einem anderen Gericht, nämlich dem Familiengericht, ausdrücklich zugewiesen, § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 1666 BGB
Also lassen sich über das Familinegericht mehr und bessere KiGa-Plätze, höheres Ki-Geld usw. usw. einklagen, wenn man denn nur einen Grund für eine Kindeswohlgefähdrung sieht.
Wenn das Gericht sich im Tenor dazu versteigt, anordnen zu können, dass der Beschluss auch für alle weiteren Schüler (nur?) in Weimar gelte, so kommt alllmählich der Tatbestand der Rechtsbeugung in Sichtweite.
Eine Beschwerde gegen diese Beschluss gibt es nicht ( § 57 FamFG).
Da noch nicht mündlich verhandelt worden ist, kann aber auf mündliche Verhandlung angetragen werden ( § 54 II FamFG). Ein Befangenheitsantrag (hier oder in den Hauptsacheverfahren) dürfte Erfolg haben, wenn man denn nicht schon aus der Fassung des Beweisbeschlusses herleitet, wohin der Hase von Anfang an laufen sollte.