Freya von Moltke, Mitbegründerin des Kreisauer Kreises, verstorben - Zwei Literaturempfehlungen
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Freya Gräfin von Moltke (1911 - 2010) - Witwe von Helmuth James Graf von Moltke (1907 - 1945), einem der bekanntesten Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime - verstarb am vergangenen Freitag in den USA. Die promovierte Juristin und Mutter zweier Söhne zählte zu denen, die dem NS-Regime die Stirn boten. Helmuth James von Moltke war gemeinsam mit seiner Frau der Begründer und führende Kopf des Kreisauer Kreises, benannt nach dem Familiengut in Niederschlesien, das Freya von Moltke in den 1930er-Jahren leitete, während ihr Mann in Berlin als Kriegsverwaltungsrat tätig war. Die einstige Widerstandskämpferin suchte aber auch den Dialog. Den Gutshof stellte sie für die Begegnung deutscher und polnischer Jugendlicher zur Verfügung. Ihren Namen gab sie für eine Stiftung, die sich seit 2004 für die Verständigung zwischen Menschen aus Ost- und Westeuropa einsetzt.
Freya von Moltke, die bereits während des Widerstands die zentrale Bezugsperson ihres Mannes war, wurde seine wichtigste Begleiterin durch die Haftzeit. Als Helmuth James von Moltke am 23.1.1945 in Plötzensee wegen Hochverrats hingerichtet wurde, obwohl ein konkreter Umsturzversuch nicht nachgewiesen werden konnte, war seine Frau 33 Jahre alt.
Schon in der Vorweihnachtszeit hatte ich überlegt, ob ich Ihnen nicht die folgenden beiden Bücher als Leseempfehlung oder als Geschenktipp (zumal für junge Juristinnen/Juristen) vorstellen sollte. Jetzt gibt es hierzu den aktuellen Anlass:
Die Biografie von Günter Brakelmann "Helmuth James von Moltke" schildert wie sich schon früh der angehende Jurist sozial engagierte, selbstbewusst internationale Kontakte knüpfte und offen Kritik an Hitler übte. Um nicht der NSDAP eintreten zu müssen, verzichtete er auf eine Richterlaufbahn. Als Völkerrechtler setzte er sich unermüdlich gegen die Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht ein.
Nicht minder beeindruckend ist sein lange unbekanntes Gefängnis-Tagebuch und die Briefe an seine Frau aus der Haftzeit: Helmuth James von Moltke "Im Land der Gottlosen. Tagebuch und Briefe aus der Haft 1944/45". Sie führen vor Augen, wie Moltke das ist Gestapo-Gefängnis und das Konzentrationslager, Mithäftlinge, Verhöre und Bewacher wahrgenommen hat. Vor allem zeugen sie von einem unbeugsamen geistigen Widerstand gegen die Unmenschlichkeit.
Beiden Büchern wünsche ich viele, vor allem junge Juristinnen/Juristen als Leser!
Helmuth James von Moltke an seine beiden Söhne während der Haft im Oktober 1944: "Ich habe mein ganzes Leben lang ... gegen den Geist der Enge und der Gewalt, der Überheblichkeit, der Intoleranz, des Absoluten, erbarmungslos Konsequenten angekämpft, der in den Deutschen steckt und der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat."