Kündigung wegen Stromdiebstahls
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Kündigungen wegen sog. Bagatelldelikte beschäftigen auch weiterhin die Arbeitsgerichte. Ob die Entscheidung in Sachen Emmely hier künftig zu einer Befriedung beitragen wird, bleibt abzuwarten. Die Instanzgerichte entscheiden jedenfalls überwiegend auf der Grundlage eines moderaten Beurteilungsmaßstabs, nach dem nicht jedes Vermögensdelikt des Arbeitnehmers ausnahmslos die außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Auf dieser Linie liegt auch eine neue Entscheidung des LAG Hamm (Urteil 2.9.2010, Az. 16 Sa 260/10). Konkret ging es um einen heute 41-jährigen Angestellten, der seit fast 20 Jahren bei der Firma beschäftigt ist. Als er im Mai 2009 einen Elektroroller gemietet hatte, schloss er diesen nach Angaben des Gerichtes "im Vorraum zum Rechenzentrum der Beklagten an eine Steckdose an, um den Akku aufzuladen". Nachdem sein Vorgesetzter ihn dazu aufgefordert hatte, nahm er das Gerät nach ca. 1 ½ Stunden wieder vom Netz. Die entstandenen Kosten betrugen laut LAG 1,8 Cent. Diesen Vorfall nahm der Arbeitgeber zum Anlass, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Zu Unrecht, wie das LAG Hamm jetzt entschied. Zur Begründung führten die Richter an, es gebe "keine absoluten Kündigungsgründe", sodass "im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eine Interessenabwägung vorgenommen" werden müsse - und diese gehe "zulasten der beklagten Arbeitgeberin aus". Grund dafür sei zum einen der geringe Schaden und zum anderen die langjährige Beschäftigung des Klägers. Zudem sei bekannt gewesen, dass "im Betrieb Handys aufgeladen und elektronische Bilderrahmen betrieben wurden, die Arbeitgeberin aber nicht eingegriffen hätte". Insofern "hätte das verlorengegangene Vertrauen durch eine Abmahnung wieder hergestellt werden können".