Belegprüfung: Fotokopien oder Originalbelege?
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Bis hin zum OLG Düsseldorf (v. 22.4.1993 – 10 U 193/92 Rz. 3) und bis in die heutige Zeit (AG Potsdam v. 9.7.2015 - 24 C 247/14) wird in der Rechtsprechung gerne zitiert, dass der Mieter ein Recht auf Einsichtnahme in die Originalbelege, die der Betriebskostenabrechnung zu Grunde liegen, habe. Daraus wird teilweise geschlossen, dass die Vorlage von Fotokopien anlässlich der Belegprüfung den Anspruch des Mieters auf Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen nicht erfüllt und sich daraus ein Zurückbehaltungsrecht herleiten lässt, wie ich nun in mehreren Prozessen vor dem Amtsgericht Leipzig, Hamburg und Schöneberg erleben muss.
Unabhängig davon, ob ein solcher Anspruch jemals uneingeschränkt bestanden hat, kann er in der heutigen Zeit jedenfalls nicht mehr bestehen. Denn nach dem auch in der Justiz die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs vor der Türe steht und Schriftsätze mit einer Originalunterschrift durch Dateien ersetzt werden, können für die Prüfung von Betriebskosten keine höheren Anforderungen gelten.
Ein genereller Anspruch des Mieters, in jedem Fall Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen im Original zu erhalten, ist nicht gegeben (vgl. Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl., H Rz. 285). Deshalb kann im Grundsatz die Belegprüfung anhand von Kopien stattfinden (OLG Düsseldorf v. 21.5.2015 - 10 U 29/15; LG Hamburg v. 5.12.2003 – 311 S 123/02; AG Mainz v. 2.6.1998 – 72 C 118/98).
Eine Prüfung von Originalbelegen lässt sich in vielen Fällen schon praktisch nicht durchführen, da damit möglicherweise sogar das Recht des Mieters vereitelt würde. Dies wird mit Blick auf eine Wirtschaftseinheit von mehr als 50 Wohnungen deutlich. Hier werden in der Regel derart viele Unterlagen zusammenkommen, dass der Mieter mindestens einen ganzen Tag benötigt, um alle seine Fragen zu klären. Hätte jeder Mieter Anspruch auf die Originalbelege, würde sich die Belegprüfung auf 50 (Arbeits-) Tage verteilen. Bei Wirtschaftseinheiten mit mehreren 100 Wohnungen wird deutlich, dass sie sich innerhalb der Einwendungsfrist jedenfalls nicht für alle Mieter nicht realisieren lassen kann. Zwar wird sich die Einwendungsfrist entsprechend verlängern. Zu diesem Zeitpunkt liegt aber dann in der Regel die neue Abrechnung bereits vor.
Der Vermieter, der ein papierloses Büro führt (zu dem nun auch die Justiz übergeht), kann Originale in der Regel nicht mehr vorlegen, weil sie nach einer kurzen Aufbewahrungszeit vernichtet werden. Denn selbst die Finanzverwaltung akzeptiert für die Steuerfestsetzung die elektronische Übermittlung der Unterlagen und sieht sich in der Lage, daraus die Steuerfestsetzung herzuleiten.
Der Gesetzgeber hat dem technischen Fortschritt in der Verwaltung und Kommunikation durch diverse Gesetzesänderungen Rechnung getragen, wie sich aus den Vorschriften der §§ 126a, 126b, 127 Abs. 2 + 3 BGB ergibt. Auch in die Zivilprozessordnung hat der Fortschritt Einzug gehalten. Beispielhaft wird insoweit auf § 689 Abs. 3 und § 371a ZPO verwiesen.
Es ist kein höherer Wert ersichtlich, der den Mieter schützenswerter erscheinen lässt. Deshalb kann er Originale nur dann verlangen, wenn die Kopie als solche Mängel aufweist oder der begründete Verdacht besteht, dass die Kopie manipuliert wurde.