BGH: Keine Schummelsoftware in der Gaming-Industrie
Gespeichert von Paetrick Sakowski am
Der BGH hat in einem für die Spieleindustrie bedeutendem Verfahren den gewerblichen Vertrieb von Botsoftware wegen unlauterer Behinderung als wettbewerbswidrig eingestuft.
Das Geschäftsmodell der Beklagten besteht darin, populäre Spiele wie World of Warcraft oder Pokémon Go intensiv zu analysieren und auf Grundlage dieser Erkenntnisse Bots zu entwickeln und am Markt anzubieten. Mit Hilfe dieser Bots können Spieler quasi im Modus des Autopiloten von den Entwicklern bewusst gestaltete langwierige Spielprozesse ausführen lassen (z.B. das Sammeln von Rohstoffen oder Erfahrungspunkten). Die Spieleentwickler stört dies vor allem aus zwei Gründen: Zum einen wird das Gefüge eines Onlinespiels massiv dadurch gestört, dass sich einige Spieler unfaire Vorteile verschaffen. Spielerzahlen können dann aufgrund allgemeiner Frustration rasch sinken. Zum anderen haben die Entwickler längst selbst das Überspringen langwieriger Spieleinhalte kommerzialisiert und bieten etwa den Kauf von Spielewährung für echte Währung an.
Wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht hat der BGH bereits die Vervielfältigung des Spiels zur gezielten Analyse für kommerzielle Zwecke untersagt (GRUR 2017, 266). In der Entscheidung World of Warcraft II (BeckRS 2017, 10166) hat der BGH darüber hinaus das Bot-Angebot der Beklagten als unlautere Behinderung nach § 4 Nr.4 UWG untersagt. Die gezielte Beeinträchtigung des Spieleanbieters sei darin zu sehen, dass die mit den Spielern vereinbarten AGB systematisch unterlaufen werden und das Geschäftsmodell der Klägerin damit in unlauterer Weise beeinträchtigt werde. Der BGH stellt dabei vor allem auf das ungetrübte Spielerlebnis der Kunden ab, das die AGB durch das Verbot von Bots schützen sollen. Wenn die Chancengleichheit der Spieler durch den Einsatz von Bots untergraben werde, könne dies nach der allgemeinen Lebenserfahrung dazu führen, dass das Spiel weniger attraktiv werde und dadurch Einnahmeeinbußen bei der Klägerin durch den Einbruch von Käufern und Abonnenten entstünden.
Die Argumentation des BGH ist nachvollziehbar. Der Spielehersteller darf gegenüber den Spielern im Rahmen des (AGB-)rechtlich Zulässigen Regeln festlegen und muss es nicht hinnehmen, dass andere Anbieter diese gezielt hintertreiben. Dabei kommt es weniger darauf an, dass das Spiel als solches fair ausgestaltet ist. Der Spieleanbieter kann auch durch in-game purchases Spielern ermöglichen, sich eine vorteilhafte Position zu erkaufen. Es ist aber Sache des Spielebetreibers das Regelgefüge festzulegen und für sich profitabel zu gestalten. Er trägt auf der anderen Seite das Risiko, dass schlecht ausgestaltete Regeln dazu führen, dass das Spiel am Markt schlecht angenommen wird.
Gegen die Entscheidung des BGH soll inzwischen eine Verfassungsbeschwerde anhängig sein. Dass das BVerfG das Verbot, Schummelsoftware für fremde Spiele anzubieten, als Grundrechtsverletzung einstufen wird, erscheint allerdings wenig wahrscheinlich. Die wirtschaftliche Freiheit der Wettbewerber endet dort, wo fremde Geschäftsmodelle in unlauterer Weise ausgenutzt und beeinträchtigt werden. Diese Linie hat der BGH in überzeugender Weise gezogen.