BAG zur Überwachung mittels Keylogger
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Der Wandel der Arbeitswelt macht auch vor dem BAG nicht halt. In einem gerade ergangenen Urteil (vom 27. Juli 2017 - 2 AZR 681/16 -, PM 31/17) ging es um den Einsatz eines sog. Keylogger. Mit diesem lassen sich die Eingaben der Nutzer über die Tastatur eines Computers erfassen und dokumentieren. Sog. Software-Keylogger schalten sich dabei zwischen das Betriebssystem und die Tastatur, um die Eingaben zu lesen und dann an das Betriebssystem weiterzugeben. Manche Keylogger speichern die Eingaben auf der Festplatte des überwachten Rechners, andere senden sie über das Internet an einen anderen Computer. Um eine solche Software ging es im jetzt entschiedenen Fall.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 2011 als „Web-Entwickler“ beschäftigt. Im Zusammenhang mit der Freigabe eines Netzwerks teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern im April 2015 mit, dass der gesamte „Internet-Traffic“ und die Benutzung ihrer Systeme „mitgeloggt“ werde. Sie installierte auf dem Dienst-PC des Klägers eine Software, die sämtliche Tastatureingaben protokollierte und regelmäßig Bildschirmfotos (Screenshots) fertigte. Nach Auswertung der mit Hilfe dieses Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Kläger statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit privat genutzt zu haben. Auf schriftliche Nachfrage gab er an, nur in geringem Umfang und in der Regel in seinen Pausen ein Computerspiel programmiert und E-Mail-Verkehr für die Firma seines Vaters abgewickelt zu haben. Die Beklagte, die nach dem vom Keylogger erfassten Datenmaterial davon ausgehen konnte, der Kläger habe in erheblichem Umfang Privattätigkeiten am Arbeitsplatz erledigt, kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Mit der hiergegen erhoben Kündigungsschutzklage hatte der Kläger beim BAG – ebenso wie schon in den Vorinstanzen – Erfolg.
Das BAG betont, dass die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfen. Die Beklagte habe durch dessen Einsatz das als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistete Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt. Die Informationsgewinnung sei nicht nach § 32 Abs. 1 BDSG zulässig gewesen. Die Beklagte hätte beim Einsatz der Software gegenüber dem Kläger keinen auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung gehabt. Die von ihr „ins Blaue hinein“ veranlasste Maßnahme sei daher unverhältnismäßig gewesen. Hinsichtlich der vom Kläger eingeräumten Privatnutzung habe das LAG ohne Rechtsfehler angenommen, diese rechtfertige die Kündigungen mangels vorheriger Abmahnung nicht.
Presseberichten zufolge hat das BAG in der mündlichen Verhandlung zudem deutlich gemacht, dass es die Argumentation der Arbeitgeberseite nicht gelten lasse, bei dem Beschuldigten habe es sich um einen Fachmann gehandelt und in der Mail habe auch gestanden, dass die Systeme von der Protokollierung erfasst würden. Der Gesetzgeber stelle hohe Anforderungen an Arbeitgeber, die für sich derartige Eingriffe in die Rechte der Arbeitnehmer beanspruchten. Insgesamt überrascht die Entscheidung nicht. Wertungsmäßig steht der Eingriff auf einer Stufe mit der (verdeckten) Videoüberwachung des Arbeitnehmers.