Prozessauftakt im Mordfall der Journalistin Anna Politkovskaja
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Sie war bis zur Selbstaufgabe engagiert, um über Menschenrechtsverletzungen und Korruption in ihrem russischen Heimatland und Kriegsverbrechen in Tschetschenien zu berichten. In ihrem zwischen Dezember 2003 und September 2005 entstandenen "Russischem Tagebuch" (auf Deutsch im vergangenen Jahr erschienen) schildert sie Putins Kampagne zu seiner Wiederwahl und endet mit der Frage: Habe ich Angst? Es ist ein sehr bewegendes Protokoll des Grauens über Menschen, die entweder verschwinden oder umgebracht werden. Der Leser erfährt aber auch viel über den Zustand der Justiz in Russland.
Am Nachmittag des 7.10.2006 stirbt die unerschrockene Journalistin Anna Politkovskaja im Lift ihres Moskauer Wohnhauses. Vier Schüsse werden auf sie abgefeuert, der letzte in den Kopf, ein sog Kontrollschuss. Sie wusste, dass sie ihr Engagement irgendwann das Leben kosten würde und versuchte, die ihr verbleibende Zeit zu nutzen.
Am Montag begann der Mordprozess in Moskau. Er soll öffentlich stattfinden, wird aber kaum zur Aufklärung beitragen. Der mutmaßliche Todesschütze ist flüchtig. Vor Gericht stehen seine beiden Brüder, ein ehemaliger Polizeioffizier und ein früherer Geheimdienstoberst.
Die ebenso unermüdliche wie mutige Journalistin - postum mehrfach für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels vorgeschlagen - sollte nicht in Vergessenheit geraten! Ihr "Russisches Tagebuch" hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren.