Verspätete Vorlage von Rechnungen zur Betriebskostenabrechnung
Gespeichert von Dr. Klaus Lützenkirchen am
Der Vermieter soll während des Laufs der Abrechnungsfrist nicht untätig bleiben dürfen und sich rechtzeitig z.B. durch Mahnungen bei den Unternehmen um die Vorlage fehlender Belege bemühen müssen (AG Köpenick v. 3.5.2007 - 14 C 78/06, WuM 2007, 577). Denn auch bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit soll der Sinn und Zweck der Abrechnungsfrist, spätestens zwölf Monate nach Ablauf der Abrechnungsperiode Klarheit über die Zahlungsverpflichtungen aus den Betriebskosten zu erhalten, zu berücksichtigen sein. Eine Untätigkeit soll zu einem Verschulden führen mit der Folge, dass der Vermieter trotz unverzüglicher Abrechnung nach Vorlage der Rechnung des Leistungsträgers, mit der Nachforderung ausgeschlossen ist (Gies, NZM 2002, 514), wobei teilweise noch zwischen eigenem und Fremdverschulden differenziert wird (Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 556 BGB Rdnr. 148; Langenberg, Betriebskostenrecht, der Wohn- und Gewerberaummiete, G Rdnr. 78).
Diese Anforderungen sind überzogen. Bei der Prüfung, welche Sorgfaltsmaßstäbe anzulegen sind, ist auf die beteiligten Verkehrskreise abzustellen. Auch und gerade der professionel handelnde Vermieter nutzt aber die Chance, Kosten nicht bestreiten zu müssen. Es ist völlig atypisch, wenn ein Mensch um die Vorlage von Rechnungen bettelt, damit er sie bezahlen kann. Selbst wenn ein Sachwalter handelt, darf dieser zugunsten seines Auftraggebers den Eintritt der Verjährung herbeiführen. „Nur" weil im Ergebnis der Mieter die „Zeche" zahlt, können diese Grundregeln unseres Systems nicht in ihr Gegenteil verkehrt werden. Die andere Auffassung ist zu sehr im Leistungsprinzip verhaftet. Da der Vermieter aber selber entscheiden kann, ob er nach dem Abfussprinzip abrechnet (vgl. dazu BGH v. 20.2.2008 - VIII ZR 49/07, NZM 2008, 277), droht ihm selber kein Verlust, wenn er später bezahlt und die Kosten erst im Jahr der Zahlung abrechnet. Der Mieter hat die mit einer späteren Zahlung verbunden Liquiditätsvorteile, zumal er bei zwischenzeitlichem Auszug mangels bestehendem Mietvertrag sogar nicht mehr belangt werden kann.
Absurd wird die gegenteilige Auffassung, wenn - trotz intensiven Bemühens um rechtzeitige Vorlage - eine verspätete Rechnung erteilt wird und der Vermieter materielle Einwendungen gegen die Rechnung erhebt und sie daher - immer noch - nicht in die Abrechnung einstellt. Da er zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet ist, könnte er die Betriebskostenabrechnung sogar bis zum Ende eines Prozesses hinausschieben. Würde hier der Sorgfaltsmaßstab gelten, der sich allein an der Einhaltung der Abrechnungsfrist orientiert, müsste auch geprüft werden, ob die Erhebung der Einwände auf Fahrlässigkeit beruht. Dies ist der Fall, wenn sich bei der Rechtsausübung nicht sicher sein konnte, dass ein Gericht in seinem Sinne entscheidet (BGH v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, NZM 2007, 35) oder er nicht alle Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (BGH v. 16.1.2009 - V ZR 133/08, IBRRS 69331). Verliert der Vermieter den Prozess, hat er gegenüber dem Mieter in der Regel farlässig gehandelt und verliert damit seinen Anspruch aus der Abrechnung insgesamt.
Wer ein derartiges Risiko tragen soll, wird im Zweifel keine Einwendungen gegen eine Rechnung erheben, sondern gegenüber dem Mieter abrechnen. Solange der Mieter nichts beanstandet, kann der Leistungsträger sein Geld behalten. Damit trägt aber der Mieter im Ergebnis das Risiko unberechtigter Forderungen.