Baden-Württemberg führt als erstes Bundesland "elektronische Fußfessel" im Strafvollzug ein
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Goll: Haftvermeidung ist die beste Resozialisierung
Das Land nutzt damit seine durch die Föderalismusreform neu erworbene Gesetzgebungskompetenz im Strafvollzug. Laut Justizminister kommt die Regelung besonders der Resozialisierung Verurteilter zu Gute, da Haftvermeidung die beste Resozialisierung sei. Die neue elektronische Aufsicht sei deswegen eine sinnvolle Ergänzung zu bekannten Lockerungsmöglichkeiten des Strafvollzugs. Auch die Anwendung bei der Ableistung von Ersatzfreiheitsstrafen befürwortet Goll, denn «das Gefängnis ist nicht der richtige Ort für den, der eigentlich zu einer Geldstrafe verurteilt wurde und diese nicht bezahlen kann.»
Voraussetzungen und Ablauf
Neben der Zugehörigkeit zu einer der beiden genannten Teilnehmergruppen ist Voraussetzung für eine Anwendung, dass weder eine Flucht- noch eine Missbrauchsgefahr durch den Häftling besteht, erläutert das Ministerium weiter. Des Weiteren müssen der Verurteilte und andere in deren Privatwohnung lebende Erwachsene der Überwachung zustimmen. Der Teilnehmer muss zudem über eine eigene Wohnung sowie über eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder eine vergleichbare Tagesstruktur verfügen. Zu Beginn der elektronischen Aufsicht werden ein Vollzugsprogramm und der vorgesehene Tages- oder Wochenablauf festgelegt, der neben Arbeits- und Freizeitintervallen auch die Teilnahme an Therapien oder Schulungen vorsehen kann. Während der gesamten Dauer der elektronischen Aufsicht ist den Anweisungen der für die elektronische Aufsicht zuständigen Mitarbeiter Folge zu leisten. Zudem sind Weisungen möglich, wo sich der Gefangene aufhalten muss, ob er sich in ärztliche Betreuung zu begeben hat oder ob er auf Alkohol oder andere Drogen verzichten muss. Es besteht kein Anrecht auf Freizeit außerhalb der Wohnung. Bei Verstößen gegen die Anordnungen reichen die Konsequenzen von einer einfachen Verwarnung über die Streichung von Freizeit außerhalb der Wohnung bis hin zur Verlängerung der Maßnahme oder dem Abbruch und Rückführung in die Vollzugsanstalt.
Befristung und Evaluierung
Das Gesetz ist zunächst auf vier Jahre befristet. Vor Ablauf der vierjährigen Frist soll das Gesetz unter Beteiligung des Innenministeriums evaluiert werden. Die Gesamtkosten für den Modellversuch werden auf 85.000 Euro geschätzt. An den Kosten der Maßnahme soll sich ein Gefangener - anders als noch im Anhörungsentwurf geplant - nicht beteiligen müssen.