Ist eine Frikadelle eine Bagatelle?
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Nach den Kündigungsrechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Unterschlagung von Pfandbons, der Entwendung von Maultaschen und Brotaufstrich, dem unerlaubten Aufladen des Handys beschäftigt nun ein weiterer Kündigungsfall die Arbeitsgerichtsbarkeit, vor allem aber die Medienlandschaft. Immerhin wurde der jetzt bekannt gewordene Fall sogar bei Anne Will vor einem Millionenpublikum verhandelt. Stein des Anstoßes ist diesmal eine Frikadelle. Eine seit 34 Jahren beim Bauverband Westfalen beschäftigte 59-jährige Sekretärin hatte sich an einem für andere Zwecke bereitgestellten Imbissteller bedient und neben zwei halben Brötchen auch eine Frikadelle verzehrt. Ihrer Darstellung nach sei das in der Vergangenheit immer geduldet worden. Der Verband hingegen hat ihr die fristlose Kündigung ausgesprochen. Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Dortmund ist der Geschäftsführer des Bauverbandes, Hermann Schulte-Hiltrop, hart geblieben. Er wird mit den Worten zitiert: "Nach außen wirkt das natürlich wie eine Bagatelle. Wir haben hier aber hochsensible Daten zu verarbeiten. Und wenn Sie jemandem nicht mehr vertrauen, macht das kein gutes Gefühl." Mittlerweile rudern die Verbandsoberen jedoch wieder zurück. In einem offenen Brief an die gekündigte Mitarbeiterin wird unsensibles Verhalten eingeräumt. Es gebe sicher viele Gründe, "in besonderen Fällen eine fristlose Kündigung aussprechen zu müssen, aber im vorliegenden Einzelfall war ich mit einer fristlosen Kündigung juristisch nicht besonders gut beraten", so die Erklärung des Geschäftsführers. "Selbst wenn meine Vorgehensweise einer rechtlichen Bewertung standhält, so hätte ich mit mehr Fingerspitzengefühl handeln können." An eine Rücknahme der Kündigung ist aber offenbar nicht gedacht. Vielmehr heisst es, der Verband wolle an der Trennung von der Mitarbeiterin festhalten, strebe aber eine gütliche Lösung an.