Altbekanntes, aber zur nochmaligen Warnung
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Der Kläger, ein Polizeibeamter, ist der Vater der Beklagten. Seine Ehe mit der Kindesmutter wurde nach Trennung im September 2003 im September 2006 rechtskräftig geschieden. Mit Versäumnisurteil vom 7. Februar 2005 war der Kläger verurteilt worden, an die vier Kinder Unterhalt in Höhe von jeweils 100 % des jeweiligen Regelbetrags nach der damaligen Regelbetragverordnung zu zahlen. In der Klageschrift waren die Nettoeinkünfte des Klägers mit monatlich 2.255 € beziffert worden.
Tatsächlich hatte sich das Nettoeinkommen des Klägers nach Wegfall des Verheiratetenzuschlags und des Splittingvorteils bereits im Jahre 2004 auf lediglich1.834,82 € monatlich belaufen. Mit Beginn des Jahres 2005 war auch der Ortszuschlag für die Kinder in Höhe von monatlich 355,12 € brutto entfallen. Das durchschnittliche Nettoeinkommen hatte sodann im Jahre 2005 monatlich 1.523,77 € betragen. Gegen das ihm am 10. Februar 2005 zugestellte Versäumnisurteil hatte der Kläger keinen Einspruch eingelegt.
Sein durchschnittliches Nettomonatseinkommen, auf das er sein Abänderungsbegehren stützt, betrug im Jahre 2007 monatlich 1.559,94 €.
Amts- und Oberlandesgericht haben die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Revision blieb erfolglos
Nach der hier noch anwendbaren Vorschrift des § 323 ZPO a.F. (vgl. jetzt § 238 FamFG) kann von jeder Partei die Abänderung eines Urteils über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen beantragt werden, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Damit ermöglicht § 323 ZPO eine Durchbrechung der Rechtskraft, die geboten ist, wenn sich die Prognose der Umstände, auf denen das Urteil auf künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen beruht, nachträglich als unzutreffend erweist. Aus der Zielsetzung des § 323 Abs. 1 ZPO, nämlich nur unvorhersehbare Veränderungen der maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse nachträglich berücksichtigen zu können, ergeben sich zugleich die Grenzen für die Durchbrechung der bestehenden Rechtskraft. Die sich aus der Rechtskraft ergebende Bindungswirkung des Ersturteils darf deswegen auf eine Abänderungsklage hin nur insoweit beseitigt werden, als das Ersturteil auf Verhältnissen beruht, die sich nachträglich geändert haben (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 - Tz. 36).
Die Abänderungsklage kann deswegen nach § 323 Abs. 2 ZPO auch nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht mehr möglich ist oder war. Für eine Tatsachenpräklusion nach § 323 Abs. 2 ZPO kommt es also in erster Linie darauf an, ob die geltend gemachten Abänderungsgründe nach der letzten Tatsachenverhandlung entstanden sind. Auch wenn eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vorliegt, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen (st. Rspr. vgl. Senatsurteil vom 15. November 1995 - XII ZR 231/94 - FamRZ 1996, 345; vgl. jetzt auch § 323 Abs. 4 ZPO).
Ist das abzuändernde Urteil ein Versäumnisurteil, scheidet eine Abänderung nach § 323 Abs. 2 ZPO schon dann aus, wenn die Gründe noch durch Einspruch gegen das Versäumnisurteil geltend gemacht werden konnten.
BGH vom 12.05.2010 - XII ZR 98/08