Kein Münz-Mallorca für Minderjährige
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Immer wieder erstaunlich, mit was das Bundesverfassungsgericht sich so alles beschäftigen muss.
Gemäß § 4 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung darf Minderjährigen die Benutzung von Anlagen nach § 3 zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher ultravioletter Strahlung in Sonnenstudios, ähnlichen Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Räumen nicht gestattet werden.
Ein 1994 geborenes Mädchen erhob dagegen Verfassungsbeschwerde, denn es gebe keine allgemeine Pflicht der Verfassung, gesund oder vernünftig zu leben. Ihre Eltern schlossen sich an, sie rügten die Verletzung ihres Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, weil der Eingriff nicht verhältnismäßig sei.
Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht angenommen. Das Nutzungsverbot sei zur Verfolgung des Ziels (Schutz vor schädlicher UV-Strahlung) geeignet , erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne.
Mit Rücksicht auf den gebotenen Schutz der Minderjährigen, ihre mangelnde Einsichtsfähigkeit und Reife sind deshalb seit langem verschiedene Regelungen auch zum Schutz der Minderjährigen vor Selbstgefährdung und Selbstschädigung in der Rechtsordnung etabliert. Das verfassungsrechtlich bedeutsame Interesse an einer ungestörten EntWicklung der Jugend berechtigt den Gesetzgeber zu Regelungen, durch welche der Jugend drohende Gefahren abgewehrt werden. Es ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welchem Zusammenhang und in welcher altersmäßigen Abstufung und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können. Dabei steht ihm unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Jugendlichen und dem Erziehungsrecht der Eltern ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu.
Der mögliche Eingriff in das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG sei allenfalls geringfügig, da es den Eltern unbenommen bleibe, ihrem Kind im privaten Lebensbereich den Zugang zu einer UV-Bestrahlung zu eröffnen, wenn sie dies für verantwortbar und richtig hielten. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen auch nicht gehalten, aus Verhältnismäßigkeitserwägungen ein bloßes Verbot mit elterlichem Einverständnisvorbehalt vorzusehen. Angesichts der allenfalls geringen Eingriffsintensität habe er sich auf ein umfassendes, nicht nach Altersgruppen und daran anknüpfende Einverständnispflichten differenzierendes und damit für alle Beteiligten leicht praktikables Verbot entscheiden dürfen.
BVerfG Beschluss v. 21.12.2011 -1 BvR 2007/10
Danke an "Mein Name" für den Hinweis