Der depressive Mann (mit Krampfadern)
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Sie ist Ärztin, er gelernter Bauzeichner. Ein Studium für Industriedesign hat er bereits vorehelich abgebrochen. Nach der Heirat 1989 (die Ehe blieb kinderlos) hat er in der Praxis seiner Frau Hilfstätigkeiten ausgeführt.
Trennung im August 2008. Man einigte sich zunächst auf einen Trennungsunterhalt von 2.300 € (zuzüglich Krankenkassenbeitrag) bis Juli 2009.
Ab August 2009 begehrt er weiter Trennungsunterhalt mit der Begründung, er könne nicht arbeiten, da er unter einer Depression leide.
Für die Zeit von August 2009 bis Dezember 2010 hält das OLG ihn nach Einholung eines Sachverständigengutachtens für halbschichtig erwerbspflichtig und unterstellt ihm ein fiktives Einkommen von 620 €.
Ab Januar 2011 nimmt das OLG vollschichtige Erwerbsfähigkeit an:
Wenn der Kläger alle ihm zumutbaren Maßnahmen unternommen hätte, um seine Erwerbstätigkeit wieder herzustellen, hätte er ab Januar 2011 wieder vollschichtig arbeiten können. Ihn traf insoweit eine Obliegenheit, alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen zu unternehmen, um seine Krankheit behandeln zu lassen. Diese Verpflichtung zur Wiederherstellung seiner Gesundheit hat der Kläger verletzt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Kläger; Zweifel gehen deshalb zu seinen Lasten.
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. im Termin kann zurzeit bei der Suche nach einem Therapieplatz mit einer Wartezeit von 14 Wochen gerechnet werden. Bei einer Behandlungsdauer von 3-4 Monaten hätte der Kläger spätestens bis Dezember 2010 die Therapie erfolgreich absolvieren können. Dabei geht der Senat davon aus, dass eine Krankheitseinsicht erst im Januar 2010 vorgelegen hat.
Die Bemühungen des Klägers, einen Therapieplatz zu finden, genügen nicht den Anforderungen. Es reicht nicht aus, sich lediglich überwiegend telefonisch an die Therapeuten zu wenden, auf den Anrufbeantworter zu sprechen bzw. auf einen Rückruf zu warten. Der Kläger hätte in der Praxis vorsprechen können und in den Fällen, in denen kein Ansprechpartner vorhanden war, ggf. warten müssen. Darüber hinaus hätte sich der Kläger auch an seinen Hausarzt oder die Krankenkasse wenden können. Dies hat der Kläger vorwerfbar unterlassen, so dass ihm ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zuzurechnen ist.
Dass anderweitige körperliche Einschränkungen der Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit entgegenstehen, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt; Krampfadern hindern die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Regel nicht.
Bei nun fiktivem Einkommen von 1.100 € errechnet der Senat einen Anspruch des Mannes auf Elementarunterhalt in Höhe von gerundet 1.348,00 € zuzüglich Altersvorsorgeunterhalt von gerundet 401,00 €.
OLG Hamm v. 13.02.2012 - II-6 UF 176/11