Anleitung für nichtehelicher Väter, die das gemeinsame Sorgerecht nicht wollen
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Wer als nichtehelicher Vater das gemeinsame Sorgerecht nicht möchte, sollte sich so verhalten, wie dieser Vater in einem Verfahren vor dem Kammergericht (KG v. 16.02.2012 - 17 UF 375/11).
Die Eltern sind, wie das Jugendamt im Bericht vom 6. Juni 2011 unter Anführung von zahlreichen Beispielen und Begebenheiten plastisch festgestellt hat, nicht in der Lage miteinander zu kommunizieren und im Interesse des gemeinsamen Kindes zu kooperieren. Davon betroffen sind u. a.
- der Ferienumgang im Allgemeinen und insbesondere ein eventueller Besuch des Kindes bei der in Rumänien lebenden, altersbedingt nicht mehr reisefähigen Großmutter väterlicherseits;
- die Frage nach der Konfession des Kindes und ob es evangelisch oder katholisch getauft werden soll;
- der Umgang bzw. die Übergabesituationen, die nicht konfliktfrei verlaufen, sondern vielmehr in Beleidigungen der Mutter und des Stiefbruders von C-J-J - enden sollen (Terminsprotokoll vom 30. November 2011 sowie Schriftsatz der Mutter vom 29. November 2011; Bl. 75ff.);
- sowie die Frage nach der Gesundheitsfürsorge für das Kind und danach, ob er an Asthma leidet und inwieweit es insoweit weiterer ärztlicher Abklärungen bedarf (Terminsprotokoll vom 30. November 2011)....
Aus Sicht des Kindes und im Interesse seines Wohlergehens, des entscheidungserheblichen Gesichtspunktes, kommt es - worauf das Familiengericht in dem angegriffenen Beschluss zutreffend abgestellt hat - nicht auf die Gründe dafür an, weshalb es nicht zu einer elterlichen Kommunikation und Kooperation kommt, sondern allein darauf, inwieweit diese möglich ist. Im Interesse des Kindes bedarf es für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge eines Mindestmaßes an Verständigungsmöglichkeiten der Eltern; die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit dabei gerade nicht zu ersetzen. Das ist offensichtlich; bei Anordnung einer gemeinsamen elterlichen Sorge wäre hier nach Sachlage damit zu rechnen, dass es zwischen den Eltern zu Konflikten über eine Reise des Kindes nach Rumänien, über die Wahl seines religiösen Bekenntnisses oder dessen Gesundheitssorge kommt mit der Gefahr, zur Lösung dieser Konflikte möglicherweise eine familiengerichtliche Entscheidung herbeiführen zu müssen . Mit dem Kindeswohl wäre dies indessen nicht zu vereinbaren, zumal es sich hierbei - entgegen der Meinung des Vaters - keineswegs nur um nebensächliche oder untergeordnete Fragenkreise handelt, sondern um durchaus gewichtige Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind, die, wie beispielsweise die Wahl der Konfession, sein gesamtes künftiges Leben (mit-) bestimmen werden. In der Rechtsprechung ist es aber anerkannt, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt, wenn die Eltern noch nicht einmal in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung miteinander sprechen und gemeinsam entscheiden können....
Ein weiterer, gewichtiger Punkt gegen die Annahme, dass die Begründung einer gemeinsamen elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht, ist schließlich der Umstand, dass der Vater seiner (Bar-) Unterhaltspflicht (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB) nicht in dem gebotenen Maße nachkommt und es damit hinnimmt, dass die wirtschaftlichen Grundlagen für die Sicherstellung der Existenz seines Sohnes gefährdet werden bzw. die Gefahr nur durch das Eingreifen der Allgemeinheit abgewendet werden kann. Seine diesbezügliche Nachlässigkeit ist - zumal in der Zusammenschau mit den übrigen aufgezeigten Gesichtspunkten - auch als Mangel an erzieherischer Kompetenz zu werten, der einer Sorgeregelung entgegensteht. Insoweit ergibt sich aus dem vom Senat beigezogenen Verfahren Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, 144 F 17125/11 (Senat, 17 WF 312/11), dass der Vater - obwohl das Kind hierauf einen Anspruch hat - es nicht nur verabsäumt hat, den geschuldeten Unterhalt zugunsten des Kindes titulieren zu lassen, sondern er darüber hinaus seine Barunterhaltspflicht in einem solchen Ausmaß vernachlässigt hat, dass die Mutter gezwungen war, öffentliche Leistungen zur Unterhaltssicherung in Anspruch zu nehmen. In jenem Verfahren wurde von der Unterhaltsvorschusskasse ein Schreiben des Vaters an das Jugendamt vom 22. August 2010 vorgelegt, in dem der Vater darauf hinweist, dass er seine “volle Zeit” mit seinen zwei älteren Kindern verbringe, die er vollzeitig betreuen müsse; er weist daraufhin, dass er aus diesem Grund, aber auch, weil er seines Erachtens nicht ausreichend Umgang mit C -J habe, keinen Unterhalt zahle (Anlage zum Schriftsatz der Unterhaltsvorschusskasse vom 29. August 2011; Bl. 21, 26 der beigezogenen Akte). Die in diesem Schreiben zum Ausdruck kommende Missachtung der Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind, aber auch die Absicht, Unterhaltszahlungen von der Gewährung von Umgang abhängig zu machen, ist ein deutliches Indiz für eine fehlende Bereitschaft, die elterliche Sorge in Verantwortung wahrzunehmen.