Was Kinder zu Schlägern macht
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
„Türkischem Mädchen wird Gesicht mit Stein zertrümmert“ ist eine der spektakulären Schlagzeilen (diese Woche hat der Prozess in Weiden begonnen), mit denen Straftaten Jugendlicher viel öffentliche Aufmerksamkeit und Diskussionen erregen. Viel zu wenig beschäftigt sich die Politik und Gesellschaft aber mit der alltäglichen Jugendgewalt.
Mit den Ursachen und Therapiemöglichkeiten der üblichen nächtlichen Schlägereien vor Diskotheken, auf Bahnsteigen oder in bestimmten Wohnvierteln befasst sich das in dieser Woche von den beiden Psychiatern Josef Sachs/Volker Schmidt erschienene Buch „Faszination Gewalt“, auf das ich durch das Interview mit den beiden Autoren im aktuellen SPIEGEL aufmerksam wurde.
Mit großem Gewinn habe ich das Buch gelesen, das sich mit folgenden Fragen auseinandersetzt:
- Woher kommt die Gewaltbereitschaft?
- “Früher war alles besser!“
- Ausdrucksformen der Gewalt
- Was tun?
Sehr deutlich wird bei der Lektüre: die Zahl der Vorfälle sinkt zwar, aber die Brutalität nimmt zu. Die Gewalt unter Jugendlichen ist nicht auf eine Ursache zurückzuführen, so dass rezeptartige Lösungen ausscheiden.
Zusammenfassend halten die Autoren folgendes fest:
- Nicht selten steckt hinter der Gewalt pure Langeweile, verbunden mit der Gelegenheit, ohne großes Risiko zuzuschlagen und dadurch etwas Spannung ins öde Leben zu bringen (S. 201).
- Aggressionen entstehen wesentlich durch soziale Ausgrenzung und mangelnde Geborgenheit (S. 202).
- Kinder lernen vom frühen Alter an, Gewalt zur Lösung von Problemen anzuwenden oder darauf zu verzichten (S. 202).
Ein sehr lesenswertes Buch! Vielleicht konnte ich Ihnen etwas Appetit auf die Lektüre machen.