LAG Hessen: Tricksereien bei Zeiterfassung rechtfertigen fristlose Kündigung
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Manipulationen bei der Zeiterfassung durch Arbeitnehmer stellen eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, auf die der Arbeitgeber grundsätzlich sogar mit einer außerordentlichen Kündigung – ohne Abmahnung – reagieren kann (vgl. BAG 24. 11. 2005, NZA 2006, 484; 9. 6. 2011, NZA 2011, 1027). Es ist nicht nur der materielle Schaden, sondern der damit einhergehende Vertrauensbruch, der die Waagschale zugunsten des kündigungsberechtigten Arbeitnehmers ausschlagen lässt. Auf die strafrechtliche Würdigung dieses Vorgangs kommt es insoweit nicht an. Auf dieser strengen Linie liegt nun auch eine gerade bekannt gemachte Entscheidung des Hess. LAG vom 17. Febr. 2014 (Aktenzeichen 16 Sa 1299/13). Folgender Sachverhalt war zu beurteilen: Der verheiratete 46 Jahre alte Kläger, der Vater eines Kindes ist, war seit mehr als 25 Jahren in einer Großmetzgerei beschäftigt. Beim Verlassen des Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung über einen Chip bedienen. Ebenso müssen sie sich rückmelden, wenn sie den Produktionsbereich wieder betreten. Der Kläger wurde dabei beobachtet, dass er den Chip in seiner Geldbörse ließ und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor das Zeiterfassungsgerät zum An- und Abmelden hielt. Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Kläger in 1,5 Monaten so Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten waren bezahlt worden. Ebenso wie die Vorinstanz hält das LAG Hessen die dem Arbeitnehmer gegenüber ausgesprochene fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmelde. Ein Versehen des Klägers sei ausgeschlossen. Dieser habe bewusst nur so getan, als würde er die Anlage bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals habe dieser gewusst, dass er den Chip erfolgreich abgedeckt hatte. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs nicht zumutbar, nur mit einer Abmahnung zu reagieren. Der Vertrauensbruch wiege schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit. Das ist bemerkenswert, hatte doch das BAG in der Emmely-Entscheidung (BAG NZA 2011, 167 mit Anm. Stoffels, NJW 2011, 118) die Länge der Betriebszugehörigkeit als Faktor in der Interessenabwägung aufgewertet. Aber außerhalb eines wie auch immer definierten Bagatellbereichs kommt diesem Umstand dann offenbar doch kein entscheidendes Gewicht mehr zu.