LAG Niedersachsen: kein Mindestlohn für Zeitungszusteller
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
In einem Beitrag vom 3.10.2015 ist an dieser Stelle über eine Entscheidung berichtet worden, mit der das ArbG Nienburg einem Zeitungszusteller den vollen Mindestlohn zuerkannt hatte, wenn Werbeprospekte hinzukommen. Nunmehr liegt die Berufungsentscheidung in dieser Sache vor (LAG Niedersachsen, Urteil vom 27.04.2016 - 13 Sa 848/15).
Der rechtliche Hintergrund:
Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Stunde gilt seit Januar 2015 – allerdings mit einigen Ausnahmen. Zu diesen Ausnahmen gehören die Zeitungszusteller (vgl. § 24 Abs. 2 MiLoG). Im Jahr 2015 darf der Botenlohn 25 Prozent unter dem Mindestlohn liegen, 2016 noch 15 Prozent darunter. Erst ab 2017 sollen sie 8,50 Euro brutto bekommen – also zwei Jahre später als Angestellte in anderen Branchen. Zeitungszusteller sind nach der Legaldefinition in § 24 Abs. 2 S. 3 MiLoG Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen und Zeitschriften an Endkunden zustellen. Umfasst sind auch Anzeigenblätter mit redaktionellem Inhalt.
Der Sachverhalt
Der Kläger übernahm aufgrund eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten in einem ihm zugewiesenen Gebiet die Zustellung von Druckerzeugnissen, vornehmlich Tageszeitungen. Die von dem Kläger zuzustellenden Tageszeitungen und Anzeigenblätter enthalten als Beilagen Werbeprospekte, die regelmäßig bereits druckereiseitig maschinell eingelegt sind. Zumindest in einem Fall nach dem 31.12.2014 war dies bei dem Anzeigenblatt nicht möglich, weshalb der Kläger die zusätzlich angelieferte Beilage von Hand einlegte bzw. zusammen mit dem Anzeigenblatt verteilte.
Die rechtliche Bewertung
Das ArbG Nienburg hatte der Klage des Zeitungszustellers auf Zahlung des Mindestlohnes in Höhe von 8,50 € stattgegeben und hierfür vor allem auf das mitunter vorkommende händische Einsortieren abgestellt, das nicht mehr Teil der Zustelltätigkeit sei. Das LAG Niedersachsen hat die Klage des Zeitungszustellers auf Zahlung des Mindestlohnes in Höhe von 8,50 € hingegen nunmehr abgewiesen. Der Pressemitteilung lässt sich nicht entnehmen, auf welche Gründe das LAG seine Entscheidung gestützt hat. Denkbar ist, dass die Beweisaufnahme zur Frage des händischen Einsortierens ein abweichendes Ergebnis erbracht hat, oder aber, dass die rechtliche Bewertung dieses Vorgangs anders ausgefallen ist. Wenn die Entscheidungsgründe vorliegen, werden hier die tragenden Erwägungen nachgetragen.