LAG Niedersachsen: Umkleidezeit für Klinikpersonal nicht vergütungspflichtig
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
In der jüngeren Vergangenheit hatte die Rechtsprechung sich wiederholt mit der Frage zu beschäftigen, ob Umkleidezeiten vom Arbeitgeber zu vergüten sind. Soweit keine einzel- oder kollektivvertraglichen Regeln bestehen, hat das BAG eine Vergütungspflicht u.a. angenommen, wenn es dem Arbeitnehmer wegen der objektiven Auffälligkeit der Dienstkleidung nicht zugemutet werden kann, diese bereits auf dem Weg zur Arbeitsstätte zu tragen (BAG 10.11.2009 - 1 ABR 54/08, NZA-RR 2010, 301; 12.11.2013 - 1 ABR 59/12, NZA 2014, 557).
Das LAG Niedersachsen hat diese Grundsätze jetzt auf die weiße Dienstkleidung eines Krankenpflegers übertragen und die Klage abgewiesen:
Es ist in der Dienstvereinbarung vorgesehen und insoweit auch unstreitig, dass die Tätigkeit bei Isolationspatienten und in Spezialbereichen wie insbesondere dem OP-Bereich das Anlegen einer gesonderten Schutzkleidung erfordert. Diese Schutzkleidung wird unstrittig während des Dienstes an- und abgelegt.
Daraus ergibt sich im Gegenzug, dass die für einen großen Teil aller Gesundheitsberufe typische weiße Dienstkleidung nicht nach denselben Kriterien zu beurteilen ist wie eine echte Schutzkleidung. Eine Fremdnützigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich zunächst nicht aus der dem äußeren Erscheinungsbild der Kleidung. Zwar kann man eine rein weiße Dienstkleidung im öffentlichen Straßenbild durchaus als auffällig bezeichnen. Da die weiße Berufskleidung aber auch etwa bei Apothekern, Physiotherapeuten und privaten Arztpraxen usw. üblich ist, lässt sich eine Zuordnung zu einem bestimmten Berufsbild oder einem bestimmten Arbeitgeber daran nicht festmachen. Unstrittig sind weder eine besondere farbliche Gestaltung noch etwa Namenszüge auf der Dienstkleidung angebracht.
Die Revision wurde zugelassen.
LAG Niedersachsen, Urt. vom 3.5.2016 - 11 Sa 1007/15, BeckRS 2016, 71216