Tätowierung als Einstellungshindernis
Gespeichert von Prof. Dr. Markus Stoffels am
Dass sichtbare Tätowierungen und Piercings in Bewerbungsverfahren mitunter von Nachteil sein können, liegt auf der Hand. Aber darf der Arbeitgeber seine Einstellungsentscheidung hiervon abhängig machen? Für den Bereich der Privatwirtschaft würde ich diese Frage bejahen. Diese Thematik ist ersichtlich nicht im Anwendungsbereich des AGG angesiedelt und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers müsste hier gegenüber der Vertragsabschlussfreiheit des Arbeitgebers zurücktreten. Eine sachliche Rechtfertigung der Einstellungsentscheidung verlangt das geltende Recht dem Arbeitgeber (noch) nicht ab. Anders könnte sich die Lage indessen im öffentlichen Dienst darstellen. Hier gelten strengere Maßstäbe, insbesondere das Prinzip der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG). Für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ist vor allem auf Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu verweisen. So hat das OVG Münster (Beschluss vom 26.09.2014 - 6 B 1064/14, BeckRS 2014, 56687) vor einigen Jahren entschieden, großflächige, nicht von der Sommeruniform verdeckte Tätowierungen berechtigten das Land Nordrhein-Westfalen, die Einstellung eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst abzulehnen. Nun liegt auch eine Entscheidung aus der Arbeitsgerichtsbarkeit vor:
Das ArbG Berlin (23.3.2018 - 58 Ga 4429/18, PM Nr. 4/2018) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Bewerbers für den Zentralen Objektschutz der Berliner Polizei zurückgewiesen, der damit die anderweitige Besetzung der Stelle verhindern wollte. Der Polizeipräsident in Berlin hatte den Bewerber aufgrund einer Tätowierung an seinem Unterarm abgelehnt, die die Göttin Diana mit entblößten Brüsten zeigt. Das Gericht verwies auf den Beurteilungsspielraum der Berliner Polizei und konnte Ermessenfehler bei ihrer Entscheidung nicht erkennen. Es sei jedenfalls gut vertretbar, dass eine solche Abbildung auf dem Arm eines Mitarbeiters des Polizeipräsidenten von Bürgerinnen und Bürgern als sexistisch wahrgenommen werden könne. Die Berliner Polizei hatte ihre Einstellungspraxis im Hinblick auf Tätowierungen zuletzt gelockert, indem sie auch im Dienst sichtbare Tattoos teilweise für zulässig erachtet, sofern diese mit den Anforderungen an das Auftreten und die Neutralität der Dienstkräfte in der Öffentlichkeit vereinbar sind.