Muss ein Rechtsanwalt das beA einsetzen, wenn eine Faxübermittlung nicht möglich ist?
Gespeichert von Dr. Oliver Elzer am
Nach Ansicht des LG Krefeld ist ein Rechtsanwalt verpflichtet, bei Unerreichbarkeit des gerichtlichen Faxgeräts zur Fristwahrung das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zu nutzen. So sah es der Sache nach auch das OLG Dresden. Dem trat jetzt der BGH entgegen! Anlass war ein Patentanwalt, der kurz vor Ablauf der dafür maßgeblichen Frist feststellte, dass die Telefax-Übermittlung einer Berufungsbegründung in einem Patentnichtigkeitsverfahren wegen nicht von ihm zu vertretender technischer Probleme voraussichtlich scheitern wird. Der BGH ist der Ansicht, dass er nicht nach einem Rechtsanwalt suchen musste, der den Versand für ihn über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) vornehmen kann.
Der eigentliche Paukenschlag findet sich unter Bezugnahme auf das OLG Dresden am Rande. Der X. Zivilsenat führt Rn. 14 ff. nämlich wie folgt aus:
Es könne zwar dahingestellt bleiben, ob ein Rechtsanwalt in vergleichbarer Lage verpflichtet wäre, einen Sendeversuch über dieses Medium zu unternehmen. Es erscheine aber zweifelhaft, ob ein Rechtsanwalt, der sich für den Versand per Telefax entschieden hat, bei technischen Problemen kurz vor Fristablauf einen Übermittlungsversuch über das besondere elektronische Anwaltspostfach unternehmen müsse. Dieses Medium stehe zwar gemäß § 31a Abs. 1 BRAO jedem Rechtsanwalt zur Verfügung. Die relativ hohe Zahl an Störungsmeldungen, die für dieses System veröffentlicht werden würden, begründe aber Zweifel daran, ob es in seiner derzeitigen Form eine höhere Gewähr für eine erfolgreiche Übermittlung kurz vor Fristablauf biete als ein Telefax-Dienst. So seien auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer für März 2020 insgesamt zwölf Störungsmeldungen veröffentlicht, von denen sich vier auf Wartungsarbeiten und acht auf Anmeldeprobleme unbekannten Ursprungs bezögen.
Stellungnahme: Gelingt es einem Prozessbevollmächtigten in Folge einer technischen Störung des Empfangsgeräts des Gerichts nicht, einen fristwahrenden Schriftsatz zu faxen, so ist es ihm grds. nur zumutbar, im „gewählten Übermittlungsweg“ nach Alternativen zu suchen, die sich „aufdrängen“. Streikt das gerichtliche Faxgerät, muss der Rechtsanwalt einen Schriftsatz also weder selbst noch durch Boten oder per Post übermitteln. Was aber gilt insoweit für das beA? Dieses stellt zwar einen anderen Übermittlungsweg dar. Dieser Weg ist dem Rechtsanwalt in seinem Büro aber jedenfalls unmittelbar verfügbar (wenn der PC nicht defekt ist oder das beA nicht einsetzbar). Es liegt daher nahe, dem Rechtsanwalt den Übermittlungsweg „beA“ doch zuzumuten (Elzer FD-ZVR 2019, 422420). Die vom X. Zivilsenat genannten Störungsmeldungen ändern daran eher nichts und sind eher verwirrend. Bis zu einer wirklichen Klärung sollte jedenfalls kein Rechtsanwalt auf das Überkommene vertrauen und aus Gründen der Sicherheit lieber den „strenger“ denkenden Gerichten folgen.