Bauträger und die Angst vor dem 28.11.2021 - es drohen millionenschwere Bußgelder und Folgen für Notarinnen und Notare
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Im Amtsblatt der Europäischen Union vom 27.11.2019 findet sich eine Richtlinie (Nr. 2019/2161), deren Bedeutung auch für notariell beurkundete Bauträgerverträge noch gar nicht abzusehen ist.
Viele Bauträgerverträge enthalten leider noch immer zahlreiche unwirksame Klauseln, so dass die Gerichte immer wieder korrigierend zugunsten der Verbraucher eingreifen müssen (s. etwa die hier kommentierten Entscheidungen zur Unwirksamkeit der Regelung, die letzte Rate im Bauträgervertrag auf ein Notaranderkonto zu zahlen). Über meinen Schreibtisch laufen immer wieder Regelungen, wonach die Käufer zwei Wochen vor der Übergabe abweichend von § 650m II BGB und § 3 MaBV den vollständigen Kaufpreis an den Bauträger zahlen sollen, Abnahmen fehlerhaft fingiert werden, diese noch immer von der Tätigkeit eines vom Bauträger ausgewählten Sachverständigen abhängig gemacht werden. Die Marktmacht der Bauträger auch angesichts der noch immer immensen Nachfrage nach Wohnungen ist immens und wird auch oft ausgenutzt (s. nur Grziwotz, NZBau 2019, 218ff).
Die Verwendung von unwirksamen - weil gegen § 307ff BGB verstoßenden - Klauseln wird teuer: Bauträgern drohen Bußgelder in Höhe von mindestens 4 % des Jahresumsatzes, bei fehlenden Informationen mindestens 2 Millionen Euro. Bislang war dem AGB-System der §§ 307ff BGB eine Sanktionenregelung unbekannt. Verbrauchern sollen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Unternehmer, also auch Bauträger, die solche Klauseln verwenden, offenstehen - hier hat der jeweilige Gesetzgeber Spielraum, wie er dies umsetzt. Vieles erinnert an die durchaus heftigen Folgen der Umsetzung in der DSGVO mit teuren Konsequenzen im Falle der Verstöße dort. Die Umsetzung in innerdeutsches Recht soll bis zum 28.11. diesen Jahres erfolgen.
Ob Notarinnen und Notare, die AGB-widrige Klauseln verwenden, danach ebenso solche Sanktionen unmittelbar zu befürchten haben, mag bezweifelt werden (da kein "Unternehmer"). Indes: rät ein Notar nicht von der Verwendung einer meist ja von der Rechtsabteilung der Bauträger vorgeschlagene Klausel für die Beurkundung ab, so dürfte er dann, wenn der Bauträger ein Bußgeld in Millionenhöhe zu entrichten hat, ihm gem. § 19 BNotO auf Schadensersatz haften.
Angewendet müssen die neuen Vorschriften, die ab dem 28.11.2021 gelten, dann ab dem 28.5.2022. Viel Zeit für den "Umbau" der zahlreichen Verträge und ihrer Textbausteine ist nicht mehr.
Die Folgen sind auch für andere Branchen immens: auch Großvermieter z.B. sollten ihre mietvertraglichen Regelungen in den nächsten Monaten noch einmal kritischen prüfen.