Der "gekaufte" Eigenbedarf - unzulässig ?
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
Der Klassiker eines mietrechtlichen Mandates: Der Eigentümer verkauft sein an Mieter M seit langem vermietetes Haus an V, der, kaum dass er im Grundbuch eingetragen ist, dem Mieter M wegen Eigenbedarfs kündigt. V möchte nun selbst in das Objekt einziehen.
Während die bislang ganz h.M. dieses Vorgehen des "gekauften" Eigenbedarfs grundsätzlich für möglich und zulässig erachtet und Nachteile des Mieters M über Härtegründe gem. § 574 BGB zu lösen versucht, ein Verstoß wegen Rechtsmissbrauchs nur in ganz seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen soll, gibt es nun dazu eine neue Entscheidung des AG Charlottenburg, die durchaus Aufsehen erregt. Das AG nimmt bei einem langjährigen Mieter in diesen Fällen stets Rechtsmissbrauch an und weist die Räumungsklage wegen Verstoßes der Kündigung gegen § 242 BGB ab (Urt. v. 15.3.2021, 237 C 234/20), WuM 2021, 375.
Diese Rechtsauffassung ist m.E. mit der grundgesetzlich verankerten Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG nicht vereinbar. Der Erwerb von Eigentum zum Zwecke der Nutzung durch den Erwerber selbst ist denknotwendig Kernbestandteil des Schutzbereichs des Grundrechts. Seine Ausübung kann generell nie rechtsmissbräuchlich sein. Rechtsmissbrauch kommt in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht - wenn etwa der Käufer dem Mieter zugesichert hat, ihn nicht kündigen zu wollen und es dann doch tut. Im Übrigen aber sind diese Fälle über die im Rahmen des § 574 BGB gebotene Abwägung zu lösen - und auch abhängig dann von den Einzelfällen (man denke nur an den Käufer, der eine Familie mit vielen Kindern hat und als Mieter auf dem Wohnungsmarkt keine Chance hatte , dort eine Wohnung zu mieten).