Haftung des Aufsichtsrats bei blindem Vertrauen

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 14.08.2008

von Bernd Frischhut, Rechtsreferendar Luther Rechtsanwaltgesellschaft mbH

Compliance wird verstanden als Funktion zur Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien aber auch freiwilligen Kodizies in Unternehmen.

Insoweit ist mit dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ein typisches Compliance-Organ gegeben, denn dieser soll das Handeln des Vorstands nach § 111 Abs. 1 AktG überwachen.

Verletzt der Aufsichtsrat seine Überwachungspflicht, haftet er gegenüber der Gesellschaft. Darüber hinaus kann sich aber auch aus §§ 826, 830 BGB eine Schadenersatzpflicht gegenüber Dritten ergeben. So urteilte das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 23. Juni 2008 - 9 U 22/08, dass ein Aufsichtsratmitglied ohne echte Kontrollabsicht objektiv Beihilfe zu betrügerischen und sittenwidrigen Geschäftsführungsmaßnahmen leisten kann. Die Geschädigten konnten daher Schadenersatz direkt von dem Aufsichtsrat verlangen.

Grundsätzlich darf der Aufsichtsrat auf die schriftlichen und mündlichen Berichte des Vorstands vertrauen. Nur ausnahmsweise obliegt es ihm selbst, Tatsachenfeststellungen zu treffen, denn nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist er kein Garant für die Ordnungsmäßigkeit der Unternehmensführung durch den Vorstand. Unterlässt er aber bewusst notwendige Nachforschungen, kann ihm unter Umständen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden. "Es entspricht dem Bild einer auf Betrug angelegten Aktiengesellschaft, wenn die maßgeblichen Positionen mit Personen besetzt werden, von denen erwartet wird, dass sie die mit ihrem Amt verbundenen Kontrollfunktionen nicht ausüben. Wer dieser Erwartung gerecht wird und das Amt in dem Bewusstsein übernimmt, keine echte Kontrolle durchführen zu wollen, leistet objektiv Beihilfe."

Das Vorbringen des Angeklagten, er habe den Angaben des Vorstands und anderer Personen vertraut, hat das Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass dies auf Grund der objektiven Gegebenheiten des Falls als ein bewusstes Sichverschließen des Aufsichtsrats zu werten sei.

Im Ergebnis zeigt das Urteil des OLG Düsseldorf, dass der Aufsichtsrat seiner Kontrollpflicht auch wirklich nachkommen muss, um nicht einer persönlichen Haftung ausgesetzt zu sein.  

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