Jedem Tattoo-Studio seinen Vermögensgegenstand

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 06.01.2019

Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen streiten – gerade bei Tätowierungen. Aber – so das United States Copyright Office – liegt das Copyright für jede kreative Illustration beim Urheber. Das gilt unabhängig vom Trägermaterial – sei es Papier, sei es Tierhaut (Pergament) oder menschliche Haut.

Interessant wird diese Frage des Urheberrechts, wenn das Tattoo mitsamt seinem Träger in Videospielen realistisch abgebildet wird. Nach Zeitungsberichten hat der Designer des Gesichtstattoos des früheren Boxers Mike Tyson bereits Ansprüche geltend gemacht. Im Fußballspiel „Fifa 18“, so meldet die Süddeutsche Zeitung, seien beispielsweise die vielen Tätowierungen von Lionel Messi zu sehen, der unter anderem ein Bildnis von Jesus auf dem rechten Arm trägt. Die Zeitung zitiert die New York Times. Diese hätte beim Hersteller des Fußball-Videospiels, Electronic Arts, nachgefragt, ob die Ansprüche der Tattoostecher auf eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Videospiele nicht Auswirkungen habe? Die Anfrage blieb laut Zeitungsbericht unbeantwortet.

Das könnte doch die Inhaber von Tattoo-Studios in Deutschland überlegen lassen, ob sie nicht die Entwicklungskosten ihrer Designs als selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände aktivieren können? Mehr Vermögen auf der Aktivseite bedeutet zunächst einmal höhere Kreditwürdigkeit.

Was aber ist ein Vermögensgegenstand? Ein Blick ins Gesetz erleichtert hier erkennbar nicht die Rechtsfindung.

Also der Blick ins Lehrbuch, z.B. Koss, Bilanz: lesen und verstehen, S. 213 f.:

  1. Sache oder Recht?
    Ein Tattoo-Design ist offensichtlich kein körperlicher Gegenstand (§ 90 BGB). Aber es begründet den Anspruch auf Zahlung, z.B. für die Nutzung als Lizenzgebühr (siehe oben). Also ist es ein Recht.
  2. Selbstständige Verkehrsfähigkeit
    Ein solches Design kann ohne das gesamte Unternehmen verkauft werden, z.B. an ein anderes Tattoo-Studio. Weil damit kein Teil des Geschäfts- oder Firmenwertes: selbständig verkehrsfähig.
  3. Selbständige Verwertbarkeit
    Auch hat ein Tattoo-Design keinen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit anderen Vermögensgegenständen, ist es ein eigenständiger Vermögensgegenstand.

Ergebnis: Es liegt ein Vermögensgegenstand i.S.d. § 246 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB vor.

Weil in der Regel vom Tattoo-Studio selbst geschaffen und auf Dauer dem Geschäftsbetrieb zu dienen bestimmt, gilt das Aktivierungswahlrecht des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB. Anders als bei Verlagsrechten unterliegt das Design auch keinem Aktivierungsverbot (arg. ex § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB).

Quellen

Zaschke: „Das Bild auf seiner Haut: Darf man Tattoos kopieren, einfach so?“, Süddeutsche Zeitung, 31. Dezember 2018/1. Januar 2019, S. 1.

Koss: Bilanz: lesen und verstehen, München: Beck 2016.

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