Zschäpe entzieht ihren Verteidigern das Vertrauen
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Im NSU-Prozess gab heute der Vorsitzende Richter bekannt, dass Beate Zschäpe gegenüber einem Polizeibeamten erklärt habe, das Vertrauen in ihre Verteidiger verloren zu haben (z.B. NSU-Blog). Ob diese Äußerung einen förmlichen „Mandatsentzug“ ihrer drei Pflichtverteidiger bedeutet, ist noch unklar. Bis morgen soll die Angeklagte die Gründe für den Vertrauensentzug näher darlegen.
Eine Entpflichtung der Pflichtverteidiger ist nur möglich, wenn das Vertrauensverhältnis „endgültig und nachhaltig“ erschüttert wäre. Es geht also schon in diesem Punkt um viel „Juristisches“, so dass sich schon die Frage stellt, ob die Angeklagte nicht dafür eine fachkundige Beratung eines Rechtsanwalts ihres Vertrauens benötigt, um ihr Anliegen in zutreffender Weise zum Ausdruck zu bringen.
Wer den Prozess in den Medien verfolgt, frägt sich schon seit längerem, warum die Verteidigung in über 100 Verhandlungstagen sich in bislang erfolglosen Anträgen gegen das Gericht erschöpft. Soweit für mich ersichtlich, stellen allein die Nebenklägervertreter Beweisanträge, denen sich dann die Verteidigung anschließt. Warum kommen seitens der Verteidigung keine Beweisanträge, um die Tatvorwürfe zu entkräften und ggf. eine mögliche Revision vorzubereiten? Material gäbe es reichlich. Es findet sich schon in der Medienberichterstattung zum Umfeld des NSU und den V-Leuten der Verfassungsschutzämter, wenn man neben den Akten sich nicht mit dem umfangreichen Werk von Stefan Aust/Dierk Laabs „Heimatschutz“ beschäftigen will. In der Hauptverhandlung hat die Verteidigung den weitgehend ungeklärten Komplex „Theresienwiese in Heilbronn“ in keinster Weise thematisiert; auch da fände sich vieles bei Aust/Laabs (S. 711 ff). Natürlich, es ist nicht auszuschließen, dass die Verteidigung zunächst einmal abwartet, um zu einem späteren Zeitpunkt mit ihren Beweisanträgen zu kommen. Das mag auch die richtige Strategie sein. Aber die Mandantin scheint – wie ich – jedenfalls nicht mehr davon überzeugt zu sein.
In der Medienberichterstattung war heute in verschiedenen Beiträgen zu lesen, dass Anträge auf Entpflichtung zwar immer wieder vorkämen, aber nur in seltenen Fällen Erfolg hätten. Das mag auch vorliegend so kommen. Dann wird man aber der Angeklagten einen weiteren Pflichtverteidiger des Vertrauens beiordnen müssen. Dann dürfte sich im Prozess vermutlich einiges ändern.