LAG Baden-Württemberg: Scheinwerkvertrag und AÜG-Erlaubnis
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Das LAG Baden-Württemberg hat der Klage eines Entwicklungsingenieurs stattgegeben, der festgestellt wissen wollte, dass zwischen ihm und dem beklagten Unternehmen ein Arbeitsverhältnis besteht. Der Kläger war bei verschiedenen Drittunternehmen angestellt, mit denen die Beklagte Werkverträge abgeschlossen hatte. Diese Unternehmen verfügten auch über eine Erlaubnis nach demn AÜG. Der Kläger wurde jedoch nicht als Leiharbeitnehmer, sondern im Rahmen der Werkverträge bei der Beklagten eingesetzt. Das LAG Baden-Württemberg hat diese Werkverträge als "Scheinverträge" gewertet und eine "Fallschirmlösung" - also ein hilfsweises Berufen auf die erlaubte Arbeitnehmerüberlassung - abgelehnt. Der Pressemitteilung des LAG ist allerdings nicht zu entnehmen, auf welcher Rechtsgrundlage der Klage stattgegeben wurde. § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG dürfte kaum in Betracht kommen, da (1.) der Kläger gar nicht als Leiharbeitnehmer, sondern auf werkvertraglicher Basis bei der Beklagten eingesetzt war und (2.) die Werkunternehmer über eine AÜG-Erlaubnis verfügten.
Aus der Pressemitteilung des LAG Baden-Württemberg:
(Der Kläger) wurde bei der beklagten Firma EvoBus GmbH in Mannheim seit 20.05.2011 durchgehend in derselben Abteilung auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt. Angestellt war er nacheinander bei drei verschiedenen Drittfirmen. Der Einsatz des Klägers bei der Beklagten erfolgte in Erfüllung sogenannter Rahmenwerkverträge zwischen den Drittfirmen und der Beklagten. Nach den gerichtlichen Feststellungen war der Kläger jedoch voll betrieblich eingegliedert und unterstand im Hinblick auf die zu erbringenden Arbeitsleistungen dem Weisungsrecht der Beklagten, was trotz gegenteiliger vertraglicher Bezeichnungen bewusst so gewollt war. Dem Kläger, der wegen dieses bloßen "Scheinwerkvertragsverhältnisses" die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten geltend machte, wurde von der Beklagten entgegengehalten, dass alle drei Drittunternehmen über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügten. Dass der Einsatz des Klägers bei der Beklagten im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hätte erfolgen sollen oder können, wurde jedoch weder im Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und den Drittunternehmen, noch in den Werkverträgen zwischen den Drittunternehmen und der Beklagten transparent gemacht.
Das Landesarbeitsgericht hat, anders als die Vorinstanz, entschieden, dass es ein widersprüchliches Verhalten sowohl der Drittfirmen als auch der Beklagten darstelle, sich nunmehr auf ein Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis bei bestehender (Vorrats-)Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis zu berufen. Verleiher und Entleiher haben sich während der gesamten Vertragslaufzeiten gerade außerhalb des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) stellen wollen und somit bewusst den durch das AÜG vermittelten Sozialschutz des Klägers zu verhindern versucht. Da sich die Verleiher nicht auf die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis berufen dürfen, ist der Arbeitsvertrag zwischen den Drittunternehmen und dem Kläger nichtig. Es gilt vielmehr ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten als zustande gekommen.
LAG Baden-Württemberg, Urt. vom 3.12.2014 - 4 Sa 41/14