„Upcoding“ statt „Rightcoding“
Gespeichert von Dr. Michaela Hermes, LL.M. am
Da bekam die AOK dann doch kalte Füße. Auf ein Urteil in Sachen „Upcoding“ wollte sie nicht warten. Einen Tag vor der mündlichen Verhandlung nahm die AOK Rheinland/Hamburg ihre Klage (AZ: L 5 KR 219/15 KL) gegen den Bescheid des Bundesversicherungsamtes zurück. Das teilte das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in seiner aktuellen Pressemitteilung mit.http://www.lsg.nrw.de/behoerde/presse/Aktuelle_Pressemitteilungen_des_LSG/Ruecknahme_zu_Rueckforderungen_von_Zuweisungen_aus_dem_Gesundheitsfonds/index.php
Der Bescheid des Bundesversicherungsamtes wird damit bestandskräftig. Allein für das Jahr 2011 forderte das Bundesversicherungsamt von der AOK einen Betrag von 7 Millionen Euro zurück. 1,4 Millionen Euro sind darin als Strafzuschlag inkludiert.
Dazu das LSG Nordrhein Westfalen in der Pressemitteilung vom 08.11.2016 „Es stützt diese Forderung darauf, dass die AOK im Zusammenwirken mit den beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigungen und ausdrücklicher Billigung durch die Aufsichtsbehörde auf die Vertragsärzte in Nordrhein und Hamburg hingewirkt hat, die Diagnosen bei der Behandlung von AOK-Versicherten nachträglich derart zu ergänzen, dass "die Versicherten kränker werden". Durch die Nachmeldung dieser korrigierten Daten hat die AOK erhöhte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Dies bewirkte gleichzeitig, dass die anderen Krankenkassen aus dem Gesundheitsfonds geringere Zuweisungen erhielten, da das Finanzvolumen des Gesundheitsfonds begrenzt ist.“http://www.lsg.nrw.de/behoerde/presse/Aktuelle_Pressemitteilungen_des_LSG/Rueckforderungen_von_Zuweisungen_aus-_dem_Gesundheitsfonds/index.php
Die Vorwürfe sind brisant. Die FAZ vom 11.11.2016 bringt es auf den Nenner: „Erstens: Kassen „wirken“ auf ein „Upcoding“ durch die Ärzte hin, sie bezahlen also dafür. Zweitens: Ärzteorganisationen machen mit. Drittens: Landesaufsichten tolerieren solches rechtswidrige Verhalten.“http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/aok-zahlt-hohe-strafe-fuer-manipulationen-14522227.html
Noch 2009 haben die 15 Vorstände der AOKs sowie des AOK-Bundesverbandes bei der ambulanten ärztlichen Behandlung zwischen einem „Rightcoding“ und einem „Upcoding“ unterschieden und eine „AOK Deklaration zur Verbesserung der Diagnose-Dokumentation“ veröffentlicht. Während bei einem „Rightcoding“ der tatsächliche Krankheitszustand eines Patienten korrekt und vollständig abgebildet würde, wäre ein „Upcoding“ eine „unzulässige Manipulation, durch die gezielt falsche Diagnosen oder nicht vorhandene Krankheiten dokumentiert würden.“http://aok-bv.de/imperia/md/aokbv/politik/Finanzierung/deklaration_diagnosedokumentation.pdf
Vielleicht wäre hier ein wenig mehr Transparenz und Einbindung der Versicherten sinnvoll. Einen Auskunftsanspruch der Versicherten gegenüber den Krankenkassen nach § 305 SGB V gibt es bereits.