Keine Wohnung für Mieter mit türkisch klingenden Namen ? - Vermieter muss "Schmerzensgeld" zahlen
Gespeichert von Dr. Michael Selk am
"Die Beklagte vermietet in Berlin ca. 110.000 Wohnungen". Mit diesen Worten beginnt der Tatbestand eines sehr neuen Urteils des AG Charlottenburg vom 14.1.2020 (Az 203 C 31/19) (BeckRS 2020, 48), und man ahnt Böses. In der Tat: ein Mietinteressent mit türkisch klingenden Namen bewarb sich per Onlineformular auf zwei Wohnungen, einmal jeweils mit seinem richtigen Namen, einmal jeweils mit einem fiktiven deutschen Namen. Der Vermieter teilte - auch das ahnt man - Unterschiedliches mit: während dem Kläger mit dem türkischen Namen stets die Auskunft erteilt wurde, angesichts der großen Zahl der Bewerbungen könne ihm kein Angebot unterbreitet werden, erhielt der Kläger mit seinem falschen deutschen Namen die Möglichkeit zur Besichtigung.
Vor dem AG Charlottenburg machte der Kläger sodann eine angemessene Entschädigung ("Schmerzensgeld") aufgrund der Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft des Klägers geltend - und gewann. Das AG hielt einen Betrag in Höhe von 3.000 Euro für angemessen. Es führt zutreffend aus, dass es der Beklagten nicht gelungen sei, die für die Diskriminierung sprechenden Indizien zu widerlegen, § 22 AGG. Auch auf eine Ausnahme nach § 19 III AGG könne sich die Beklagte nicht berufen. Danach ein Vermieter u.a. zum Erhalt von sozial stabilen Bewohnerstrukturen u.U. die Interessenten auch unterschiedlich behandeln. Zu Recht führt das AG aber aus, dass § 19 III AGG nur gelte, wenn es um den Ausgleich bereits bestehender Nachteile gehe. Zudem bestehe Zweifel an der Vereinbarkeit der Norm mit den europäischen Richtlinien.
Auch würde ein nur fahrlässiges Verhalten der Mitarbeiter der Vermieterin genügen. Der Umstand, dass die Beklagte einem Testing-Verfahren zum "Opfer gefallen" sei, ändere am Schmerzensgeldanspruch des Klägers nichts.
Am Rande: der Kläger hat in der Folge eine vermietete Wohnung erworben und diese wegen Eigenbedarfs gekündigt.