Einführung in das FamFG (Teil IX)
Gespeichert von Hans-Otto Burschel am
Teil IX: Der einstweilige Rechtsschutz in familiengerichtlichen Verfahren
Die §§ 49 - 57 FamFG kodifizieren die im FGG durch Richterrecht geschaffene „vorläufige Anordnung" und ersetzen die §§ 620 ff ZPO vollständig.
Auch einstweilige Verfügungen wird es im Berich des Familienrechts nicht mehr geben
1. Verfahren
Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein selbständiges Verfahren.
Die Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens ist nicht (mehr) erforderlich. Der Verfahrensgang ist dem des Arrestes und der einstweiligen Verfügung (§§ 916 ff ZPO) nachgebildet.
Eine einstweilige Anordnung ist zu erlassen, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht (§ 49 I).
Ein Antrag ist nur erforderlich, wenn auch das Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet wird (§ 51 I 1).
Dies ist bei den Familienstreitsachen (insbesondere Unterhalt), bei den Gewaltschutzsachen (§ 214) und den Versorgungsausgleichssachen (§ 226) der fall
Der Antrag ist zu begründen (§ 31) und glaubhaft zu machen (§ 51 I 2).
Ein Anwaltszwang besteht nicht (auch nicht in der mündlichen Verhandlung oder im Beschwerdeverfahren - soweit dies überhaupt zulässig ist).
Die mündliche Verhandlung ist freigestellt (§ 51 II 2).
Die Entscheidung des Gerichts ergeht durch Beschluss, der mit einer eigenen Kostenentscheidung nach den allgemeinen Vorschriften zu versehen ist (§ 51 IV).
2. Rechtsbehelfe
- Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 54 II), wenn der Richter im schriftlichen Verfahren entschieden hat
- Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Hauptsache § 52 II (entspricht dem Verfahren nach § 926 ZPO)
- Abänderungsantrag (§ 54 I), wofür neuer Tatsachenvortrag erforderlich ist
Die Beschwerde ist gemäß § 57 FamFG nur zulässig bei Entscheidungen über
- die elterliche Sorge
- die Herausgabe eines Kindes
- das Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson
- Gewaltschutzanordnungen
- eine Wohnungszuweisung
Alle anderen einstweiligen Anordnungen sind nicht anfechtbar.
Insbesondere sind nicht anfechtbar einstweilige Anordnungen zum Umgang und zum Unterhalt (wenn sie nach mündlicher Verhandlung erlassen bzw. aufrechterhalten worden sind).
3. Sonderfall Unterhalt
Bei einer einstweiligen Anordnung auf Unterhalt bedarf es gemäß § 246 I eines dringenden Bedürfnisses nicht. Das Gesetz geht bei Unterhalt stets von einem dringenden Bedürfnis aus.
Das Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung kann allerdings fehlen, wenn
- nicht einmal eine Zahlungsaufforderung ergangen ist
- der Pflichtige den geforderten Unterhalt laufend zahlt. Das bloße Titulierungsinteresse kann den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigen.
Es kann der volle, nicht nur ein Notunterhalt, im Wege der einstweiligen Anordnung verlangt werden (§ 246 I 1. Halbsatz).
Rückständiger Unterhalt kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden.
Auch die Zahlung eines Kostenvorschusses ist in einem selbständigen Anordnungsverfahren geltend zu machen (§ 246 I 2. Halbsatz)
Bereits vor der Geburt eines Kindes kann der Unterhalt für das Kind und die Mutter nach § 1615 l BGB für die Dauer von 3 Monaten durch einstweilige Anordnung geregelt werden (§ 247, ersetzt die einstweilige Verfügung nach § 1615 0 BGB).
Besteht eine Vaterschaftsvermutung nach § 1592 Nr. 1 oder 2 BGB nicht, so kann eine einstweilige Anordnung auf Unterhalt für Kind und Mutter nur ergehen, wenn ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren anhängig ist (§ 248).
In Unterhaltsverfahren ist mündlich zu verhandeln, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Einigung geboten erscheint (§ 246 II).
4. Außerkrafttreten
Die einstweilige Anordnung tritt gemäß § 56 bei anderweitiger rechtskräftiger Regelung (§ 56 I) oder anderweitiger Abschluss des Hauptsacheverfahrens (§ 56 II) außer Kraft.
Das Außerkrafttreten ist auf Antrag durch Beschluss auszusprechen.